Ölkartell
"Die OPEC ist tot" - Jetzt macht jeder, was er will
„Drosseln oder nicht drosseln?“, fragte wallstreet:online angesichts des sich zuspitzenden Ölpreis-Kriegs. Doch eine Antwort auf diese Frage suchte die OPEC am Freitag vergebens. Stattdessen einigte sich das Ölkartell darauf, sich nicht einigen zu können. Ein Offenbarungseid, sagen Experten - und möglicherweise das Ende der OPEC. Der Ölpreis gerät indes weiter unter Druck.
„Wir können derzeit keine Zahlen festlegen, und haben beschlossen, die Entscheidung auf kommendes Jahr zu verschieben“, sagte Abdalla Salem El-Badri, Generalsekretär der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC), am Freitag in Wien. Damit lässt das Ölkartell seine Förderpolitik trotz des derzeitigen Überangebots an Rohöl weitgehend unverändert.
Man wolle zunächst die weitere Entwicklung beobachten und dann gegebenenfalls bei einem Folgetreffen reagieren, hieß es. Schlechte Nachrichten für den Ölpreis. Die Tatsache, dass die OPEC nicht imstande war, eine Entscheidung zu treffen, setzt den Preis für Rohöl weiter unter Druck. Seit Freitag sinken die Preise. Ein Fass der US-Sorte WTI kostete am Montagvormittag weniger als 40 US-Dollar, der Preis für ein Barrel der Sorte Brent lag bei 42,75 US-Dollar. Das waren 25 Cent weniger als am Freitag. Der Preis für ein Fass der Sorte WTI sank um 51 Cent auf 39,47 US-Dollar.
Ölpreis (Brent) im Fünf-Tagechart
Kein Ergebnis ist auch ein Ergebnis. Entsprechend werten Analysten die OPEC-Sitzung als Zeichen, dass das Ölkartell derzeit tief gespalten und handlungsunfähig ist. „Viele Leute haben gesagt, die OPEC ist tot - und die OPEC selbst hat es bestätigt”, kommentierte etwa Jamie Webster, Ölanalyst in Washington bei IHS, gegenüber dem „Handelsblatt“ die in Wien getroffene Vereinbarung. Auch die Mitglieder selbst stimmen in den Abgesang des Ölkartells mit ein. De facto bestehe keine Deckelung, gestand der iranische Ölminister Bijan Namdar Zanganeh. „Jeder macht, was er will.“ Suhail Al Mazroui, Energieminister aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, bestätigte ebenfalls: „Wir werden nicht zu einem Kartell zurückkehren und gegen die Kunden arbeiten.”
Erleben wir tatsächlich das Ende des seit 1960 gegründeten mächtigen Ölkartells? Experten sind sich uneins. „Auf jeden Fall aber gibt es seitens der OPEC in den kommenden Monaten kaum Unterstützung für den Ölpreis“, so die Einschätzung der Commerzbank-Experten (siehe hier). Alain Bokobza von der Société Générale warnt jedoch im „Handelsblatt“ davor, das Ölkartell ganz abzuschreiben: „Wir werden eines Morgens aufwachen und hören, wie die OPEC die Drosselung ihrer Fördermenge ankündigt.“