Libyen gegen die "Mafia-Bank"
Luxus, Jetset, Sex-Flat: Der typische Praktikantenalltag bei einer Großbank?
Am Wochenende erhob der Libysche Staatsfonds schwere Vorwürfe gegen Goldman Sachs. Um an einen Deal zu kommen habe die Investmentbank versucht, die Entscheidungsträger mit Luxusreisen und Prostituierten zu überzeugen. Goldman bestreitet das.
2006. Endlich nicht mehr als Schurkenstaat angesehen, errichtete Libyen kurz vor der weltweiten Finanzkrise einen eigenen Staatsfonds, um in die Zukunft des Landes zu investieren - der Ölreichtum stand hierbei an vorderster Stelle. Das Know-How in Fragen der richtigen Investmentstrategie war jedoch recht unausgegoren, ein gefundenes Fressen für alle großen internationalen Investmentbanken. So habe sich laut einem Bericht des "Guardian" vor allem Goldman Sachs aktiv darum bemüht, den vielversprechenden Deal mit Libyen an Land zu ziehen.
Die Inhalte dieser aktiven Akquise sind am Wochenende zum Thema vor dem Obersten Gerichtshof in Großbritannien geworden. Denn laut dem libyschen Staatsfonds habe Goldman während der Zeit der Zusammenarbeit "das Vetrauen der Fondsmitarbeiter missbraucht, unangemessenen Einfluss ausgeübt und skrupellos verhandelt." Der Punkt des "unangemessenen Einflusses" dürfte sich dabei wohl auf ein umstrittenes Praktikum beziehen, welches Goldman Sachs dem Bruder eines ranghohen Fonds-Mitarbeiters angeboten habe.
Mit allen Mitteln bearbeitet
So habe der verantwortliche Goldman-Sachs-Mitarbeiter diesen während der Zeit des Praktikums mit allerhand Luxus regelrecht bearbeitet. Unter anderem habe es diverse Urlaubstrips nach Marokko und Geschäftsreisen nach Dubai gegeben - alles selbstverständlich in der Business-Class und in 5-Sterne-Unterkünften. Von Goldman Sachs selbst veröffentlichte Dokumente belegen nach Angaben des "Guradian" sogar, dass es an einem Abend zu einem Stelldichein mit zwei Prostituierten gekommen sei, die der Investmentbanker höchstselbst organisiert habe.
Wie der Anwalt des Staatsfonds dem Gerichtshof erklärte, habe der Auftrag gelautet, möglichst oft in Tripolis zu sein. "Es ist wichtig, dass du so nahe wie möglich am Kunden bleibst, auf täglicher Basis. Schule sie, trainiere sie, bewirte sie", so sein Wortlaut vor dem Gericht.
Behauptungen unbegründet
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Laut Aussagen von Goldman Sachs glaubt man dort jedoch nicht, dass das Praktikum die Entscheidungen des Fonds in irgendeiner Art und Weise beeinflusst hätten. "Die Behauptungen sind unbegründet und wir werden sie auch weiterhin energisch von uns weisen", kommentierte die Investmentbank auf Anfrage des "Guardian".
Womöglich ist man aufseiten des libyschen Staatsfonds auch einfach nur sauer über die Verluste, die man dort im Rahmen der Goldman-Sachs-Geschäfte eingefahren hat. Die Bank führte insgesamt neun Trades für den Fonds durch, unter anderem mit der Citigroup, Santander und der deutschen Allianz. Während der Fonds in den Jahren der Finanzkrise fast alle Beteiligungen verlor, fuhr Goldman Sachs einen satten Gewinn von mehr als 200 Millionen Dollar ein. Als "Mafia-Bank" habe sie einst ein libyscher Beamter deswegen bezeichnet.
Die Forderung lautet auf 1,2 Millliarden Dollar Schadensersatz. In der Verteidigungsschrift von Goldman Sachs heißt es jedoch: "Der Fonds war Opfer einer unvorhergesehenen Depression und nicht irgendeines Fehlverhaltens von Goldman."
Kein neues Motivationskonzept
Dass man als Mitarbeiter in der Banken- und Versicherungsbranche ab und zu mal käuflichen Sex auf Fimenkosten spendiert bekommt, ist jedoch kein Neuheit. Der Fall erinnert ein Stück weit an den Ergo-Skandal, der vom "Handelsblatt" im Jahr 2011 öffentlich gemacht wurde.
Dabei kamen die exzessiven Sex-Partys in einer Budapester Therme ans Licht, mit denen besonders verdiente Mitarbeiter der Ergo-Tochter Hamburg Mannheimer belohnt wurden. Diese sehr spezielle Art der betrieblichen Sozialleistung sorgt offenbar regelmäßig für besonders motivierte und zufriedene Angestellte. Zumindest solange, wie keiner davon erfährt.