DAX Profits Analyse
Gefährlicher Kontrollverlust der US-Notenbank
noch nie verlief eine US-Notenbanksitzung so absolut nichtssagend und impulslos wie die gestrige. Es war ja ohnehin keine Änderung der Zinspolitik erwartet worden. Schon weil zum gestrigen Termin keine Pressekonferenz vorgehen war (diese finden nur zu jedem zweiten Termin statt). Die Fed hat aber das Kunststück fertig gebracht, auch in ihren Ausführungen absolut keinen Hinweis auf ihre künftige Geldpolitik zu geben.
Mit etwas gutem Willen kann man hineininterpretieren, dass die Notenbank etwas weniger Risiken als noch im Juni sieht. Der letzte Arbeitsmarktbericht im vergangenen Monat fiel zur Abwechslung stark aus. Auch der Brexit dürfte keine Katastrophe werden. Die US-Börsen haben diesen jedenfalls in Rekordgeschwindigkeit ausgebügelt.
Ob das nun für eine Zinserhöhung auf einer der nächsten Termine mit Pressekonferenz (also im September oder im Dezember) spricht, ist schwer zu sagen. Wenn, dann eher im Dezember. Denn die US-Präsidentschaftswahlen im November bergen das Potenzial für Überraschungen und mögliche Markt-Turbulenzen. Erst dann wird sich entscheiden, ob die Kandidatin Clinton „More of the same“ bringen wird. Oder ob der Kandidat Trump seine Wundertüte über das Land ausschütten darf. Momentan liegt Trump in den Umfragen vorn. Noch gibt es aber viele unentschlossene Wähler und es sind noch ein paar Monate Zeit bis zur Wahl. Die Sache wird ähnlich wie der Brexit bis zum Ende spannend bleiben und wahrscheinlich ein ebenso überraschendes Ergebnis bringen.
Die US-Notenbank tut gut daran, vor der US-Präsidentenwahl (wieder einmal) abzuwarten, wie sich die Dinge entwickeln. Eigentlich spielt es auch überhaupt keine Rolle mehr, ob, wann und wie weit sie die Zinsen anhebt. Denn die Fed hat die Kontrolle über ihre Geldpolitik längst verloren. Mit Zinsschritten kann sie traditionell nur die Zinsen am kurzen Ende steuern. Das lange Ende hat sie jahrelang über Anleihenkäufe gesteuert. Und genau hier passiert seit einiger Zeit das genaue Gegenteil von dem, was sie beabsichtigt.
Im Herbst 2014 wurden die Anleihenkäufe durch die US-Notenbank eingestellt. Kurz darauf gab es eine erste Zinserhöhung. Verbunden mit der Ankündigung, dass weitere folgen werden. Ziel des ganzen war, die Zinsen am kurzen und am langen Ende steigen zu lassen, um einer möglichen Inflation vorzubeugen. Dabei sollte dringend eine inverse Zinsstruktur vermieden werden. Also dergestalt, dass die Zinsen für langlaufende Anleihen unter die Zinsen von Kurzläufern fallen (normalerwiese ist es ja umgekehrt: Für ein längeres Risiko verlangt der Markt höhere Zinsen als für ein kürzeres. Außer in schweren Rezessionen, wo die Zinserwartung stark negativ ist. Eine solche Markterwartung (inverse Zinsstruktur) will die Fed unbedingt verhindern.
Zinsen langlaufender US-Staatsanleihen Tageschart: Zinseinbruch trotz gestraffter Geldpolitik
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Und was ist passiert? Die Zinsen am kurzen Ende sind leicht gestiegen, die Zinsen langlaufender Anleihen aber deutlich gefallen! Nämlich von 2,3 auf 1,3% - trotz Einstellung der Käufe dieser Langläufer durch die Notenbank. Die Zinsstruktur hat sich damit gefährlich einer Inversion angenähert. Die Fed hat die Kontrolle über die Zinsen weitgehend verloren. Der Supertanker „Geldpolitik“ treibt führerlos in Richtung einer schweren Rezessionsgefahr in den USA. Gut, dass die Aktienmärkte diese Entwicklung noch nicht auf dem Schirm haben. Die Auswirkungen wären verheerend.
Herzliche Grüße,
Ihr Henrik Voigt.
Chefanalyst DAX Profits / Voigt`s DAX Daily
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten dieser Ausgabe investiert
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