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     2289  1 Kommentar Was ist richtig und was falsch?

    Die Demokratie kann durchaus ein Grauen sein, schließlich muss man hier am Wahltag sämtliche Aspekte unserer diversifizierten und komplizierten Welt auf einen Nenner bringen.

     

    Wäre da eine direkte Demokratie nicht besser? Um Gottes Willen! Was käme wohl als Schwarmintelligenz heraus, wenn wir über CETA, TTIP, den Euro oder die Gentechnik abstimmen müssten?

     

    Ich habe zwar Volkswirtschaft studiert, doch ich bin froh, nicht über Wirtschaftsabkommen wie CETA und TTIP entscheiden zu müssen. Denn ich weiß ja viel zu wenig über die sonstigen Aspekte wie die Vereinbarungen zu Konsumstandards und Schiedsgerichten.

     

    Und selbst wenn ich die Details kennen würde, könnte ich dann abschätzen, was uns blüht, wenn große US-Multis anfangen, die Einzelregelungen juristisch auseinanderzunehmen? Mitnichten!

     

    Oder der Euro? Ja, ich denke, das war ein Fehler. Doch jetzt aussteigen, das ganze Experiment beenden, ganz oder zum Teil? Da spielen so viele andere Kontexte hinein, dass, je weiter ich mich in das Thema einarbeite, ein eindeutiges Votum in immer größere Ferne rückt.

     

    Noch schlimmer ist es bei der Gentechnik. Da bin ich ein kompletter Laie. Da könnte ich selbst dann nicht entscheiden, wenn ich alles wüsste, weil ich es nicht hinterfragen kann.

     

    Ist die Gentechnik ein Fluch, der nur zu noch größerer Umweltzerstörung führt? Oder ist sie die Rettung, um überhaupt eine Chance zu besitzen, die explodierende Bevölkerung auf diesem Planeten ernähren zu können? Ich kann das nicht beantworten.

     

    Komischerweise erlebe ich überall Menschen, die das anscheinend doch können. Wie geht das? Entweder sie wissen radikal mehr als ich oder sie wissen radikal weniger als ich.

     

    Doch was ist überhaupt Wissen? Und welche Rolle können Werte in einer an den Naturwissenschaften orientierten Wirtschaftsordnung bilden?

     

    Was bedeutet es eigentlich für die Demokratie, wenn die Welt immer komplexer wird, so dass letztlich niemand mehr den Einzelfall durchblicken und verstehen kann?

     

    Ich denke, die einzige Chance liegt hier in vertrauenswürdigen und kompetenten Personen. Doch was ist, wenn sowohl bei der Regierung als auch bei der Opposition diese nicht zu finden sind?

     

    In diesem Fall wird aus dem Bauch heraus entschieden. Na dann, Prost Mahlzeit!

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Was ist richtig und was falsch? Grenzen der Entscheidungsfähigkeit