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    "Studiert die Geschichtsbücher!"  11244  0 Kommentare Zinsanhebung = Goldcrash: Evidenter Zusammenhang oder kollektiver Irrglaube?

    Darüber, dass die US-Notenbanker demnächst einen Regimewechsel in ihrer Geldpolitik einleiten werden, sind sich Marktbeobachter einig. Zu groß ist die Gefahr einer anschwellenden Schuldenblase. Doch wäre das wirklich der Todesstoß für den Goldpreis? 

    Es gleicht mittlerweile einer Grundsatzdiskussion. Auf der einen Seite stehen jene Experten, die fest von einem Kurssturz im Gold ausgehen, sollte es zu einer Zinserhöhung vonseiten der Federal Reserve kommen. Da die Wahrscheinlichkeit hierfür mit jedem Tag ein wenig mehr zunimmt, fragt sich so mancher, ob er denn nicht jetzt schon mal vorsorglich Panik schieben und seine Bestände auflösen sollte.

    Nein, sagen die anderen. Denn langfristig stellen höhere Zinsen immer eine Belastung für die Wirtschaft dar, die in eine Rezession münden und den Goldpreis somit erst recht befeuern werden. Eine von "Das Investment" durchgeführte Umfrage unter Rohstoffexperten zeigt, dass sich die große Mehrheit der Fachleute dieser Meinung anschließt. So sind rund 70 Prozent der Befragten davon überzeugt, dass sich die Zinswende nicht zwangsläufig negativ auf den Goldpreis auswirken würde, viele von ihnen glauben sogar an eine damit einhergehende Hausse. 

    Hier sind jeweils drei aus unserer Sicht besonders aussagekräftige Argumente, die unter der Prämisse einer baldigen Zinswende für und gegen einen Einbruch beim Gold sprechen:

    Möglichkeit I: Anleger müssen sich auf einen Absturz gefasst machen

    Hanré Rossouw, Portfolio-Manager des Investec Global Gold Fund:

    „Der Zusammenhang ist evident und war zuletzt sehr deutlich Ende 2015 zu sehen. In die Zinserhöhung der FED vom Dezember hinein tendierte der Goldpreis spürbar schwächer, weil man sich auf steigende Zinsen einstellte. Als dann aber klar wurde, dass der Erhöhungspfad sehr wahrscheinlich flacher verlaufen wird und der Endpunkt auch tiefer als erwartet liegen würde, erholte sich Gold sehr rasch.“

    Evy Hambro, Leiter des Rohstoff-Teams bei Blackrock:

    „Der Ausblick für Entwicklung der Realzinsen ist ein wesentlicher Treiber des Goldpreises, denn er beeinflusst die Nachfrage der Investoren. Beispielswiese ist die Erwartung, dass weitere Zinsanhebungen durch die US-Notenbank auf sich warten lassen dürften, einer der wichtigsten Faktoren hinter dem starken Wertzuwachs bei Gold in diesem Jahr.

    Auch wenn die US-Notenbank sich in einem Straffungszyklus befindet, bleibt die Geldpolitik in anderen Regionen sehr locker – vor allem in Japan und in der Eurozone. Auch andere sogenannte sichere Häfen bringen niedrige oder sogar negative Renditen. Das wirkt unterstützend für Gold. Denn Opportunitätskosten, die Anleger für Gold im Portfolio zahlen, gibt es dadurch praktisch nicht mehr.“

    Andreas Görler, Senior Wealth Manager bei Wellinvest, Pruschke & Kalm:

    „Da derzeit keine klaren Signale der Fed erkennbar sind, auch wenn mit leichten Zinsanstiegen gerechnet wird, kann man das noch nicht als wirklichen Regimewechsel bezeichnen. Grundsätzlich kann allerdings jede Geldanlage aus dem Segment Substanz- oder Sachwert davon profitieren, dass man für Zinsanlagen kaum noch Renditen erhält.“

    Möglichkeit II: Es kommt nicht unweigerlich zum Crash. Im Gegenteil...

    Markus Bachmann, Chef von Craton Capital und Fondsmanager des Craton Capital Precious Metal Fund und des Craton Capital Global Resources:

    „Es gibt aus der Finanzmarktgeschichte keine zwingende Kausalität zwischen steigenden Zinsen und einem sinkenden Goldpreis. Keine! Wer so argumentiert ist schlichtweg zu bequem, die Geschichtsbücher der Finanzmärkte der letzten 40 Jahre zu studieren. Es macht den Anschein, dass sich die wenigsten Marktteilnehmer diese Mühe machen.

    Steigende Zinsen? Außer in den USA wo? Die Fed wird die US Zinsen sehr moderat ansteigen lassen. Aber mit großer Wahrscheinlichkeit weniger als das die meisten Marktteilnehmer erwarten. Die US Wirtschaft kann sich aggressive Zinserhöhungen nicht leisten - zumindest nicht mit den momentanen Wachstumsraten. Korrelationen wechseln und es besteht durchaus die Möglichkeit, dass Gold in einem Umfeld ansteigt, wo der Dollar Stärke zeigt und die US Zinsen weiter ansteigen.“ 

    Uwe Eilers, Vorstand beim Geneon Vermögensmanagement in Königstein:

    „Steigende Zinsen müssen nicht zwangsläufig zu sinkenden Goldpreisen führen. Schließlich gehen mit steigenden Zinsen auch im Regelfall steigende Inflationsraten einher. Dies wiederum treibt sicherlich auch Investoren in Sachwerte, also auch den Rohstoff Gold. Somit ist eine Zinsänderung kein eindeutiger Grund für sich ändernde Goldnotierungen.“ 

    Martin Siegel, Goldfonds-Manager und Geschäftsführer von Stabilitas:

    "Die Angst der Investoren vor steigenden Zinsen ist völlig unberechtigt. Leider verstehen selbst viele vermeintliche Goldexperten die Marktzusammenhänge nicht und betrachten die beabsichtige Anhebung der Zinsen durch die Fed als Belastung für den Goldpreis. Neben dem fehlenden Marktverständnis haben diese Experten auch nur eine lückenhafte Kenntnis der jüngeren Geschichte. Im krassen Gegensatz zur vertretenen Meinung zeigt die Entwicklung zwischen 1976 und 1980 sehr eindrucksvoll, dass der Goldpreis von steigenden Zinsen extrem stark profitiert. Dabei ist die Erklärung relativ einfach. Steigende Zinsen bedeuten fallende Kurse bei Anleihen. Anleger werden bei steigenden Zinsen aus den Anleihemärkten aussteigen.

    Da die Zinsen derzeit extrem niedrig oder sogar negativ sind und durch die fatale Politik der Zentralbanken eine enorme Blase an den Anleihemärkten entstanden ist, werden bei steigenden Zinsen tausende Milliarden Dollar aus den zusammenbrechenden Anleihemärkten fliehen und Anlagealternativen suchen. Da die Aktienmärkte bei steigenden Zinsen und höheren Belastungen für Unternehmen nur eine bedingte Anlagealternative sein werden und sich die Bewertungen der Immobilienmärkte ebenfalls auf einem hohen Niveau befindet, wird ein Szenario steigender Zinsen ein perfektes Umfeld für eine extreme Goldhausse bieten. Wahrscheinlich werden die nächsten Wochen für viele Jahre die letzte Möglichkeit bieten, um noch zu vernünftigen Preisen in Edelmetalle investieren zu können." 



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