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    Marktkommentar  726  0 Kommentare Azad Zangana/Craig Botham (Schroders): Die gegenwärtige Stärke wird enden

    Noch hält die robuste Konjunkturdynamik des vergangenen Jahres an – das wird aber nicht ewig so bleiben, meinen die Experten von Schroders.

    Zusammenfassung:

    • Die Weltwirtschaft begann das Jahr 2017 mit einer starken Dynamik. Daher haben wir unsere Prognose für das Weltwirtschaftswachstum leicht nach oben korrigiert. Wir sind jedoch nicht davon überzeugt, dass die gegenwärtige Stärke noch wesentlich länger anhalten wird. Unsere Prognose für 2018 bleibt unverändert, da die Aufwärtskorrekturen für die BRIC-Länder1 Japan und Großbritannien durch eine Abwärtskorrektur für die USA aufgehoben werden.
    • Unsere Szenarioanalysen zeigen, dass die Risiken um das Basisszenario etwas ausgewogener sind. Die Möglichkeit einer Stagflation2 besteht jedoch nach wie vor, wobei ein zunehmender Protektionismus3 die wahrscheinlichste Alternative ist.
    • Die Prognosen für das Wachstum und die Inflation4 in der Eurozone haben wir ebenfalls nach oben korrigiert. Wir erwarten, dass die Europäische Zentralbank (EZB) im Laufe des Jahres 2018 mit der Drosselung ihres quantitativen Lockerungsprogramms (QE) beginnen wird. Für Großbritannien prognostizieren wir ebenfalls ein höheres Wirtschaftswachstum. Außerdem gehen wir davon aus, dass die Regierung Artikel 50 auslösen und damit den formellen Verhandlungsprozess für den Austritt Großbritanniens aus der EU einleiten wird.
    • Wir beurteilen die Aussichten für die Schwellenländer allgemein positiver, da sich die Entwicklung in den USA günstig auf das Weltwirtschaftswachstum auswirken dürfte. Die Erholung in Brasilien und Russland hält an, und Indien hat offenbar weniger unter der Bargeldreform gelitten als vom Markt erwartet. Die Politik in China dürfte indes kaum für Störungen sorgen.

    Steigende Inflation dämpft die weltweite Konjunkturerholung

    Die robuste Konjunkturdynamik zum Ende des vergangenen Jahres hält auch im Jahr 2017 an. Aus diesem Grund haben wir unsere Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft im Jahr 2017 leicht von 2,8 % auf 2,9 % nach oben korrigiert. Die treibenden Kräfte für die Faktoren, die der Erholung zugrunde liegen, dürfte jedoch nachlassen – der Lagerbestandszyklus steht am Wendepunkt und die steigende Inflation untergräbt Kaufkraft und Investitionen. Für 2018 prognostizieren wir unverändert ein Wachstum von 3 %, da leichte Verbesserungen in den BRIC-Ländern, Japan und Großbritannien durch Abwärtskorrekturen für die USA aufgehoben wurden. Dort haben wir unsere Prognosen für das Wachstum im Gesamtjahr reduziert.

    Da sich die Rohstoffpreise erholen, steigt die Inflation, sodass wir unsere weltweite Prognose für 2017 von 2,4 % auf 2,7 % angehoben haben (nach 2 % im Jahr 2016). 2018 dürften sich die höheren Ölpreise jedoch stabilisieren, sodass die Inflation 2018 auf 2,3 % zurückgehen dürfte. Die Ausnahme sind hier die USA, wo wir über den gesamten Prognosezeitraum mit einem Anstieg der Kerninflation5 rechnen. Im Hinblick auf die Geldpolitik prognostizieren wir eine Anhebung der Leitzinsen durch die US-Notenbank Fed auf 1,25 % in diesem Jahr (zwei Zinserhöhungen) und auf 2 % bis Ende 2018 (drei Zinserhöhungen). In anderen Regionen dürften die Zinssätze jedoch unverändert bleiben und der früheren Phase des Konjunkturzyklus in Europa und Asien Rechnung tragen. Vor diesem Hintergrund rechnen wir immer noch mit einer Aufwertung des US-Dollar, wenn auch weniger ausgeprägt als bisher von uns erwartet.

    Szenarien

    Nach einer langen Phase, in der die Risiken einer Deflation6 und Stagflation überwogen, haben wir es jetzt mit einem wesentlich breiteren Spektrum möglicher Entwicklungen zu tun. Neu hinzugekommen sind zwei Szenarien mit höherer Produktivität: einmal der „alte Normalzustand“, bei dem das Verhältnis zwischen Wachstum und Inflation zum Niveau vor der Finanzkrise zurückkehrt. Ein weiteres Szenario: „Das OPEC-Abkommen scheitert“, sodass ein niedrigerer Ölpreis die Konsumausgaben stärkt und die Inflation dämpft. Andererseits haben wir das Szenario eines „langfristigen Stillstands“ gestrichen, da dieses Risiko inzwischen weniger wahrscheinlich ist. Insgesamt sind die Risiken jetzt gleichmäßiger verteilt. Die Wahrscheinlichkeit einer eher stagflationären Entwicklung mit „zunehmendem Protektionismus“ ist jedoch immer noch etwas größer. Im Szenario mit dem größten Einzelrisiko begegnet China Einfuhrzöllen der USA mit einer Abwertung des Renminbi.

    Aktualisierte Prognose für Europa: Vorsichtig optimistisch

    Aufgrund der erfreulichen Signale aus privaten Unternehmensumfragen haben wir die Wachstumsprognose für die Eurozone von 1,2 % auf 1,5 % im Jahr 2017 nach oben korrigiert. Für 2018 prognostizieren wir jedoch unverändert ein Wachstum von 1,8 %. Die Prognose für die durchschnittliche Jahresinflation in der Eurozone im Jahr 2017 haben wir ebenfalls von 1,3 % auf 1,6 % angehoben. Dies beruht allerdings zum Großteil auf dem unerwartet starken Anstieg der Ölpreise. Unsere Prognose von 0,9 % für 2018 bleibt unverändert. Wir erwarten, dass die EZB ihre monatlichen Wertpapierkäufe im Januar 2018 erneut zurückfährt (auf 40 Mrd. Euro pro Monat) und im dritten und vierten Quartal bis Ende des Jahres 2018 weiter auf 10 Mrd. Euro pro Monat senkt. Dies sollte den Weg für Zinserhöhungen Anfang 2019 ebnen. Wir rechnen nicht mehr damit, dass die EZB die Einlagenzinsen weiter senkt. Jedoch schließen wir erneute Stimulationsmaßnahmen nicht aus, falls eines unserer nachteiligen Szenarios eintreten sollte.

    Aktuelle Einschätzung der politischen Risiken

    Die Wahlen in den Niederlanden, Frankreich, Deutschland und Italien bergen Risiken für den politischen Status quo. Den meisten Anlegern bereiten die französischen Präsidentschaftswahlen die größte Sorge. In unserem Basisszenario gehen wir jedoch von einer Niederlage von Marine Le Pen aus, der Vorsitzenden des Front National, womit potenzielle Unsicherheiten des Marktes vermieden würden.

    Prognose für Großbritannien: Weitere Aufwärtskorrektur, doch die Abwärtsrisiken sind erhöht

    Wir haben unsere Prognose für das Wachstum in Großbritannien im Jahr 2017 von 1,4 % auf 1,8 % angehoben. Fast die Hälfte dieser Korrektur beruht jedoch auf Basiseffekten. Die Prognose für 2018 haben wir von 1,5 % auf 1,7 % angehoben. Die Aufwärtskorrekturen beruhen auf unserer Einschätzung, dass die Haushalte bereit sind, weniger zu sparen (und mehr Kredite aufzunehmen), um den Konsum trotz der höheren Inflation und des Rückgangs der Realeinkommen aufrecht zu erhalten. Die Bank of England scheint keine Eile mit Zinserhöhungen zu haben und verweist auf die Abwärtsrisiken für das Wachstum, sodass weiterhin von einer sehr expansiven Geldpolitik ausgegangen werden kann.

    Das Auslösen von Artikel 50 als Startschuss für den Brexit

    Schließlich rechnen wir auch damit, dass Großbritannien im März Artikel 50 auslösen und damit das Verfahren für den Austritt aus der Europäischen Union in etwa zwei Jahren einleiten wird. Für die Anleger wird das Auslösen von Artikel 50 an sich kein bedeutendes Ereignis sein, da dieser Schritt schon vor längerer Zeit angekündigt wurde. Langfristig gehen wir von einer Übergangsvereinbarung zwischen den beiden Parteien aus. Letztlich wird Großbritannien jedoch aus dem Europäischen Binnenmarkt sowie der Europäischen Zollunion ausscheiden und die Arbeitnehmerfreizügigkeit beenden. Dies dürfte die Inflation während der Übergangsphase stärker anheizen als erwartet und das potenzielle BIP-Wachstum langfristig belasten.

    Schwellenländer: Noch nicht von Trump gebremst

    Aufgrund der höheren Rohstoffpreise und des stärkeren US-Wachstums haben wir unsere Wachstumsprognose für die BRIC-Länder weiter angehoben.

    China: Noch keine signifikante geldpolitische Straffung

    Wir haben unsere Wachstumserwartungen für China für 2017 von 6,5 % auf 6,6 % nach oben korrigiert, da wir ein stärkeres Wachstum in den USA prognostizieren. Stabilität und fortgesetztes Wachstum werden unserer Meinung nach politische Prioritäten bleiben. Beim chinesischen Volkskongress könnten neue politische Maßnahmen bekannt gegeben werden. Reformen, die das Wirtschaftswachstum allzu sehr beeinträchtigen, oder eine Änderung des Wachstumsziels gegenüber dem aktuellen Niveau von 6,5 % bis 7 % würden uns jedoch überraschen.

    Brasilien: Wachstumsförderndere Politik

    Wir haben unsere Wachstumsprognose für 2017 von 0,6 % auf 0,7 % angehoben. Für 2018 rechnen wir jedoch mit einer noch größeren Veränderung, da das Wachstum auf 2,1 % anziehen dürfte – zuvor waren wir von 1,5 % ausgegangen. Grund ist eine günstigere Einschätzung der Geldpolitik der Zentralbank und der Regierungspolitik. Die Zentralbank scheint allmählich eine moderatere Haltung einzunehmen, und nach Gesprächen mit Politikern in Brasilia schätzen wir die Reformaussichten positiver ein.

    Indien: Bargeldreform bremst zwar das Wachstum, stellt aber keine langfristige Hürde dar

    Indien ist das einzige BRIC-Land, dessen Prognose für 2017 gesenkt werden muss (von 7,7 % auf 7,5 %), da sich die Auswirkungen der Bargeldreform jetzt deutlicher zeigen. Wir sehen darin jedoch eher einen kleinen Knick als einen Faktor, der das Wachstum völlig abwürgen könnte. In unserem Basisszenario rechnen wir nicht mit weiteren Zinssenkungen in diesem oder im nächsten Jahr, da die Inflation 2018 leicht anziehen dürfte.

    Russland: Echte Reformen?

    Wir haben unsere Wachstumserwartungen für Russland auf 1,6 % im Jahr 2017 und 1,7 % im Jahr 2018 angehoben. Die Inflationsprognose für 2017 haben wir deutlich von 6,1 % auf 5 % gesenkt. Beide Änderungen sind hauptsächlich durch den höheren Ölpreis (infolge des OPEC-Abkommens) bedingt. Die Zentralbank verfolgte einen unerwartet restriktiven Kurs, und eine Lockerung vor der zweiten Jahreshälfte erscheint nun unwahrscheinlich. Eine im Vergleich zur Vergangenheit erfolgreichere Umsetzung der vom Finanzminister vorgeschlagenen Reformen halten wir für wenig wahrscheinlich. Sollte Putin jedoch im Juni das Programm gutheißen, könnte das Wachstum durch die Stimmung unterstützt werden.


    1 Brasilien, Russland, Indien und China
    2 Eine wirtschaftliche Situation, in der das Wirtschaftswachstum zurückgeht, während die Inflation steigt.
    3 Handelspolitische Maßnahmen zum Schutz der inländischen Wirtschaft gegen ausländische Konkurrenz.
    4 Messgröße für den Anstieg der Preise von Waren und Dienstleistungen im Zeitverlauf.
    5 Volkswirtschaftliches Konzept zur Messung der Inflation, das die Preisänderungen bestimmter Güter nicht berücksichtigt.
    6 Sinken des Preisniveaus



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