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    POLITIK/ROUNDUP  686  0 Kommentare Erdogan für Referendum über EU-Beitrittsverhandlungen

    ISTANBUL (dpa-AFX) - Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erwägt ein Referendum über die Beitrittsgespräche zur Europäischen Union (EU) und attackiert mit neuen Faschismus-Vorwürfen. Das Referendum könne nach der für den 16. April geplanten Volksabstimmung über das von ihm favorisierte Präsidialsystem stattfinden, sagte Erdogan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Samstag auf einer Konferenz in Antalya. Danach könnte es das Referendum über die Beitrittsverhandlungen geben, und "was auch immer das Volk entscheidet, befolgen wir auch, müssen wir befolgen", sagte er.

    Die in Deutschland lebenden Türken können schon ab Montag über das Präsidialsystem abstimmen, das Erdogan mehr Macht verleihen würde. Rund 1,4 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland sind zur Abstimmung aufgerufen, die generell in Generalkonsulaten erfolgt. Wo dies aus Platzgründen nicht möglich ist, werden die Wahllokale ausgelagert. Das ist zum Beispiel in Bayern oder auch im Ruhrgebiet der Fall.

    Die Abstimmung wird überschattet von einer schweren Krise im deutsch-türkischen Verhältnis. Nicht auszuschließen sind Auseinandersetzungen zwischen Erdogan-Gegnern und -Anhängern. Streit gibt es unter anderem wegen Absagen von Wahlkampfauftritten türkischer Minister in Europa, der Inhaftierung des "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel, aber auch wegen Erdogans wiederholter Nazi-Vergleiche.

    Am Sonntag machte Erdogan erneut deutlich, dass er nicht auf die umstrittenen Vergleiche verzichten will. An die Adresse Europas gerichtet sagte er im Istanbuler Stadtteil Gaziosmanpasa: "Du nennst den Präsidenten der türkischen Republik einen Diktator und wenn wir zu denen Faschisten sagen, dann fühlen sich die Herren gestört." Zugleich erhob Erdogan neue Vorwürfe: Er verwies unter anderem auf den Prozess in München um die NSU-Mordserie und sagte an die Adresse Deutschlands: "Ihr habt das noch immer nicht aufgeklärt. Ihr seid Faschisten, Faschisten."

    Am Samstag betonte Erdogan zudem, wenn die EU erkläre, für eine Türkei mit Todesstrafe sei in der Union kein Platz, sei dies so. Er werde eine Entscheidung des Parlaments für die Todesstrafe bestätigen, sagte Erdogan in Antalya.

    Nach dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 hat Erdogan mehrfach die Wiedereinführung der Todesstrafe ins Spiel gebracht. Die EU hat deutlich gemacht, dass der Beitrittsprozess der Türkei damit beendet wäre.

    Unterdessen sorgt eine Erdogan-kritische Demonstration im schweizerischen Bern, auf der auch Symbole der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK gezeigt wurden, für neue Spannungen.

    Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin forderte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu, die Schweiz müsse aufhören, "Terrororganisationen" zu unterstützen. Es sei nicht akzeptabel, dass PKK-Symbole gezeigt würden, zudem sei offen zum Mord an Erdogan aufgerufen worden, kritisierte Kalin demnach weiter. Am Samstag hatte das Außenministerium in Ankara nach eigenen Angaben den Geschäftsträger der Schweizer Botschaft wegen des Vorfalls einbestellt.

    Die Reaktion Ankaras erfolgte nach einer Kundgebung in Bern am Samstag. Dort hatten mehrere tausend Menschen für Frieden, Freiheit und Demokratie in der Türkei demonstriert. Zu sehen war dabei auch ein Transparent mit einem Porträt Erdogans sowie eine auf ihn gerichtete Pistole. Darunter stand übersetzt: "Töte Erdogan mit seinen eigenen Waffen".

    Das Nato-Mitglied Türkei ist seit 1999 Kandidat für den EU-Beitritt, seit 2005 wird darüber offiziell verhandelt. Geografisch gesehen zählen weit über 90 Prozent des Staatsgebietes der Türkei zu Asien./shg/DP/he





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