Anlegerverhalten
Börse: Wie kaufen wir?
Wie man an der Börse anlegt, dass hängt von der persönlichen Biografie ab. Hinzu kommt der Charakter, der Zugang zu Informationen und der persönliche Bezug zu Unternehmen. Somit ist der Aktienkauf oftmals eine Bauchentscheidung und weniger das Ergebnis rationalen Handels.
Ein Forschungsprojekt der Uni Hohenheim beschäftigt sich mit der Frage, welche Faktoren das Verhalten von Aktienanlegern beeinflussen, siehe hier. Das Team um Prof. Dr. Sibylle Lehmann-Hasemeyer erforscht die Epoche zwischen 1897 bis 1931. Dabei geht es um Krisenzeiten ebenso wie die wirtschaftliche Hochphase um 1900.
Auf die Frage: Wer kauft eigentlich Aktien?, kommt Lehmann-Hasemeyer zu dem Zwischenfazit, dass ein junger Arbeitnehmer anders investiert, als ein Großindustrieller im Rentenalter. Somit ist die persönliche Biografie ausschlaggebend für das Kaufverhalten. Einschneidende Krisenerfahrungen führen dazu, dass sehr viel vorsichtiger und risikoscheuer angelegt wird. In Krisenzeiten lässt sich ein stärkeres Herdenverhalten beobachten, so Lehmann-Hasemeyer. Somit handeln Anleger eher unüberlegt und irrational.
Damals wie heute haben Medienberichte, Erwartungen an die Politik und Prägungen einen Einfluss auf die Anleger, so die Forscherin. In Krisenzeiten ist es für Anleger stets ein wichtiges Zeichen, welcher Politiker im Aufsichtsrat von großen Banken sitzt, denn damit sinke das Risiko eines Untergangs. Lehmann-Hasemeyer spricht von einer impliziten Garantie für solche Banken, dass sie gerettet werden.
Konzentrieren sich Anleger eher darauf, was andere Anleger tun und folgen ihnen - das sogenannte Herdenverhalten, dann sei das ein Zeichen für Unsicherheit. Das andere Extrem sind Anleger die besonders stark auf die eigene Beobachtung setzen und deshalb negative Signale ausblenden. Beides seien irrationale Verhaltensweisen, die sich auch aus den Biografien erklären lassen.
Das Verhältnis: Anleger und Aktien - wer bestimmt über wen?, könnte auf den Kopf gestellt werden, denn während man bislang glaubt, dass die Märkte die Aktienanleger beeinflussen, könnte laut Lehmann-Hasemeyer es auch genau umgekehrt sein und zwar das Aktienkurse erst durch risikofreudige Anleger unberechenbar werden.