Wenn der letzte Bär zum Bullen wird - Seite 2
Daher ist es ein wertvolles Stimmungsbild, wenn jemand, der lange Zeit eine gleichbleibende Meinung zum Markt kundgetan hat, diese plötzlich wechselt.
Ein aufschlussreicher Praxisfall
Einen solchen Fall habe ich selbst schon erlebt: Als ab 2007 die Ölpreise immer höher stiegen, schrieb eine Analystin lange Zeit tapfer dagegen an. Sie beharrte darauf, dass der Ölpreis fundamental eher bei 75 als bei 90 Dollar stehen sollte. Doch der Preis stieg weiter: 100, 120, 130, 140 Dollar. Nach und nach gingen ihr die Argumente aus. Goldman Sachs rief schon 200 Dollar als Kursziel aus.
Irgendwann kapitulierte die Analystin. Sie blieb zwar dabei, dass 75 Dollar der „richtige“ Preis sei, aber sie begann nun, Gründe zu konstruieren, warum in diesem Fall die Preise trotzdem so hoch stehen müssen.
„Diesmal ist alles anders“
Und da war es wieder, das „Diesmal ist alles anders“-Syndrom. Diese vier Worte (englisch: „This time is different“) hat mal jemand die gefährlichsten vier Worte an der Börse genannt. Und jedes Mal, wenn die Anleger der Meinung waren, dass die bisherigen Regeln außer Kraft gesetzt sind, stand das Unheil schon vor der Tür: der Crash ab 1929, die Nifty-Fifty-Manie der 1960er/70er Jahre, die Dotcom-Blase zur Jahrtausendwende, Tesla, Nvidia und viele andere Beispiele – jedes Mal stiegen die Kurse scheinbar unaufhaltsam oder derart nachhaltig, das irgendwann auch die letzten, die mit guten Argumenten zweifelten, kleinlaut wurden.
Wer wollte abstreiten, dass es Game Changer gibt, die etwas radikal ändern – siehe Apple-Smartphones vs. Nokia-Handys? Außerdem: Wurde uns nicht beigebracht, dass der Markt immer Recht hat? Wenn also der Markt, die Aktie, der Ölpreis steigt und steigt und steigt… Na, bitte!
Und so war es auch 2008: Kurz nachdem besagte Analystin ihre Zweifel unterdrückt hat, markierte der Ölpreis sein Hoch, die Finanzkrise brach aus und tat das Ihre, um ihn wieder in den Keller zu schicken.
Und nun also Sven Weisenhaus...
Es hat sich nichts geändert
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Aber natürlich hat er seine Meinung gar nicht geändert. Er ist nach wie vor – wie ich – der Ansicht, dass viele Segmente der Aktienmärkte charttechnisch überkauft und fundamental überbewertet sind, insbesondere die US-Märkte. Und er hat schon seit Langem darauf hingewiesen, dass es noch Nischen gibt, in denen das nicht der Fall ist.