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    Marktkommentar  125  0 Kommentare Michael Blümke (ETHENEA): Makroökonomische Hausmeinung - März 2024

    Immer weniger Zinssenkungen

    05.04.2024 -

    Globaler Ausblick 

    Moderates Wachstum, sogar leicht über dem Vorjahresniveau wird begleitet von einer Inflation, die sich sowohl über den Vorpandemieständen als auch den avisierten Zielraten einpendelt. Lockere Finanzpolitik, solide Arbeitsmärkte und geopolitische Herausforderungen stellen weiterhin die größten Herausforderungen für einen ansonsten intakten Desinflationspfad dar. An unserer globalen Wachstumsprojektion hat sich also nichts geändert.

    Die Zentralbanken in den fortgeschrittenen Volkswirtschaften werden ihre Politik im Jahr 2024 lockern. Sie sind dennoch bemüht, ihren datenabhängigen Ansatz zu betonen. Angesichts der besser als erwarteten Wirtschaftsdaten und der hartnäckigen Inflation ist mittlerweile die Markterwartung für Zinssenkungen exakt auf die seit Monaten konstanten Veröffentlichungen der Notenbanken zurückgefallen. Vor dem Hintergrund der Vielzahl an stattfindenden Wahlen ist von starker fiskalischer Unterstützung auszugehen. Die Kehrseite sind weiterwachsende Staatsdefizite, die aktuell noch nicht spürbar als Risiko oder Preistreiber für die Zinsen betrachtet werden. Längerfristig erachten wir dies jedoch als ein sehr großes und nicht zu vernachlässigendes Problem.

    US 

    Das US-Wirtschaftswachstum kühlt sich gegenüber 2023 zwar ab, setzt sich aber in einem guten Tempo fort. Die Fed hat sowohl ihre Wachstum- als auch Inflationsprognose für 2024 nach oben korrigiert. Die Schätzung für das BIP-Wachstum im ersten Quartal liegt nun bei 2,1 % annualisiert. Auch wenn die jüngsten Daten schwächer waren als zu Beginn des Jahres, wird das Wachstum in den USA weiterhin durch die Nachfrage nach Dienstleistungen und einen gesunden Arbeitsmarkt gestützt. Das Verbrauchervertrauen ist im Februar gesunken, bleibt jedoch auf einem soliden Niveau, was auf den Optimismus hinsichtlich der Inflationsaussichten zurückzuführen ist. Der Arbeitsmarkt normalisiert sich weiter. Die Zahl der Beschäftigten stieg im Februar in einem gesunden Tempo an, jedoch wurden die diesbezüglichen Zahlen der vergangenen Monate nach unten korrigiert. Die Arbeitslosigkeit stieg auf 3,9 %, während die Stundenlöhne sanken und die Zahl der Kündigungen zurückging. Der Disinflationsprozess kommt zum Stillstand: Die Preissteigerungen übertrafen im Februar den zweiten Monat in Folge die Erwartungen. Die Inflationserwartungen nahmen leicht zu. Sowohl der Gesamt- als auch der Kernverbraucherpreisindex stiegen um 0,4 % gegenüber dem Vormonat, was auf die hartnäckige Inflation im Dienstleistungssektor zurückzuführen ist. Bei den Produzentenpreisen ist eine vergleichbare Entwicklung zu beobachten. Exakt aus diesen Gründen ist die Fed mit dem Beginn des Zinssenkungszyklus auch zögerlich. Eine Zinssenkung im Juni ist nach wie vor die wahrscheinlichste Option. Das solide Wirtschaftswachstum und die sich festigende US-Inflation sind Zeichen dafür, dass die finanziellen Bedingungen wahrscheinlich nicht so restriktiv sind wie angenommen. Die Fed könnte ihre Politik tatsächlich früher lockern, als es die Wirtschaftslage rechtfertigt, um eine zu große Nähe zu den Präsidentschaftswahlen zu vermeiden. Es bleibt ungewiss, wie niedrig die Zinssätze sein müssen, um das doppelte Mandat der Fed nachhaltig zu erfüllen. Gegebenenfalls genügt wie im Jahr 1995 sogar nur ein Zinsschritt. Avisiert werden immer noch drei.

    Eurozone 

    Die Wirtschaftstätigkeit in der Eurozone blieb auch im ersten Quartal 2024 schwach. Die EZB hat ihre Prognose für Wachstum und Inflation nach unten korrigiert: Die Wirtschaftstätigkeit wird 2024 nur noch um 0,6 % zunehmen, ihre Inflationsprognose hat sie von 2,7 % auf 2,3 % gesenkt. Wir gehen davon aus, dass das Wachstum in der Eurozone in der ersten Hälfte des Jahres 2024 stagnieren wird. Mit hoher Wahrscheinlichkeit liegt das Schlimmste aber bereits hinter uns. Angesichts der sinkenden Inflation, der soliden fiskalischen Unterstützung und der geldpolitischen Lockerung könnte das BIP in der zweiten Jahreshälfte sogar mehr zulegen als aktuell erwartet. Die Einkaufsmanagerindizes haben sich erneut verbessert. Der Gesamtindex notiert das erste Mal seit Mai 2023 wieder über der Marke von 50, was auf eine Verbesserung der makroökonomischen Bedingungen hindeutet. Der Arbeitsmarkt bleibt unverändert robust und aufgrund der niedrigen Arbeitslosigkeit und steigender Reallöhne gehen wir von zunehmender Unterstützung durch den Konsum in den kommenden Monaten aus. Der Disinflationstrend ist ungebrochen, aber die letzte Meile zur Rückführung der Inflation ist bekanntermaßen die schwierigste. Starke Lohnsteigerungen und niedrige Produktivität bedeuten, dass die Lohnstückkosten steigen, was Fortschritte bei der Inflationsbekämpfung verzögert. Die Inflation scheint sich oberhalb des EZB-Ziels zu stabilisieren. Dennoch werden angesichts des stagnierenden Wirtschaftswachstums die Rufe nach einer baldigen Zinssenkung immer lauter. Wir gehen weiterhin von einer ersten Zinssenkung im Juni aus, können aber aufgrund der schwachen Konjunktur und der runterkorrigierten Wachstums- und Inflationsprognosen eine Zinssenkung der EZB bereits im Frühjahr und noch vor der Fed nicht ausschließen.

    China 

    Im März legte der Nationale Volkskongress die Prioritäten und Ziele Chinas für 2024 fest. Das angestrebte Wirtschaftswachstum von 5 % ist angesichts des Basiseffekts ehrgeiziger als im abgelaufenen Jahr. Mit etwa 3,9 % des BIP wird ein ähnlich hohes Haushaltsdefizit wie 2023 angestrebt. Das Inflationsziel liegt bei 3 %. Während die Fiskalpolitik sehr expansiv bleiben wird, gibt es für eine Lockerung der Geldpolitik noch reichlich Spielraum. Noch ist die Gesamtinflation mit den im Februar veröffentlichten 0,7 % zwar über den Erwartungen, jedoch unter der avisierten Zielmarke. Im ersten Quartal hat sich die Wirtschaft inmitten von Immobilienproblemen erholt. Die Verbrauchernachfrage bleibt dank der Einzelhandelsumsätze die treibende Kraft für die Erholung, insbesondere im Dienstleistungssektor. Mittlerweile ist ein positives Übergreifen der Dienstleistungsnachfrage auf die Nachfrage nach langlebigen Gütern zu erkennen. Unterstützt durch Infrastrukturausgaben verbessern sich auch Industrieproduktion und Anlageinvestitionen. Die Einkaufsmanagerindizes stabilisieren sich im leicht expansiven Bereich. Die Belastung des Immobiliensektors scheint sich in jüngster Zeit verschärft zu haben. Grundsätzlich ist deshalb festzustellen, dass die politischen Entscheidungsträger die Finanz- und Geldpolitik weiterhin aktiv einsetzen müssen, wenn sie ihr Ziel der Wiederbelebung der Wirtschaftstätigkeit erreichen und ihr Wachstumsziel für 2024 verwirklichen wollen.




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