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    Tankermarkt  3402  0 Kommentare EID: Iran verschleiert Ölexporte

     

    Die Abnehmerländer für Öl aus dem Iran haben schon vor einigen Wochen begonnen, ihre Importe zurückzufahren. Das Ölembargo, das bis zum 1. Juli voll umgesetzt werden soll, wurde im Januar als Reaktion auf das umstrittene iranische Atomprogramm von der EU und den USA beschlossen. Nun habe auch die Türkei angekündigt, ihre Ölimporte von dort zu reduzieren, berichtete der Energie Informationsdienst (EID). Laut Spiegel online hat jüngst der chinesische P&I Club als Versicherer von Schiffen mit seiner Ankündigung für Unruhe gesorgt, keine Tanker mehr zu versichern, die Öl aus dem Iran transportieren. 
     
    Im Gegenzug unterlaufe der Iran das Embargo mit einer Doppelstrategie, so das Internetportal. Das Land stoppe jetzt seinerseits die europäischen Lieferungen: Nach Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Portugal, Spanien und den Niederlanden werde nun laut örtlichen Medienberichten wohl auch nach Deutschland kein iranisches Öl mehr fließen. Für Deutschland, das weniger als einen Prozent seines Öls aus dem Iran beziehe, werde dieser Schritt ohne Folgen sein. Hauptlieferanten seien Russland, Großbritannien und Norwegen. Gleichzeitig verbessert der Iran im Rahmen seines "Gegenembargos" die Konditionen für asiatische Abnehmer. So sollen unter anderem Indien Preisnachlässe von bis zu 9 US-Dollar pro Barrel gewährt worden sein. Zudem werde ausgewählten Abnehmern mittlerweile ein zinsfreier Zahlungsaufschub für die Öllieferungen von 180 Tagen gewährt. 
     
    Diese Maßnahmen, die der Iran als eigene Stärke betrachtet, werten ausländische Experten als Zeichen dafür, dass die Sanktionen zu greifen beginnen. Präsident Mahmud Ahmadinedschad bestritt dagegen Auswirkungen der Ölsanktionen. Sein Land verfüge über genügend ausländische Devisen und könne die Blockade drei Jahre lang aussitzen. Experten hingegen sehen in der Reaktion des Iran, mit Preisnachlässen und Zahlungsaufschüben neue Abnehmer für das eigene Öl zu finden, eher den Versuch, das Embargo zu unterlaufen. 
     
    Im vergangenen Monat produzierten die Staaten der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) nach eigenen Aussagen zusammen rund 31,31 mb/d (Mio. Barrel pro Tag) - laut Internationaler Energieagentur (IEA) der höchste Stand seit dreieinhalb Jahren. Das Ölvolumen habe sich innerhalb des letzten Monats um 0,136 mb/d erhöht. Irak, Libyen, Nigeria und Saudi Arabien haben laut April-Marktbericht der OPEC ihre Produktion gesteigert, Angola und der Iran den Ausstoß reduziert. Beim Blick auf die iranische Ölproduktion gibt es tatsächlich zwei gegensätzliche Angaben. In ihrem Bericht stellt die OPEC die Angaben externer Beobachter den Angaben aus den Förderländern gegenüber. 
     
    Nach externen Beobachtungen ist danach zumindest die iranische Produktion, die nach Saudi Arabien den größten Ölanteil innerhalb der OPEC ausmacht, bereits seit 2010 kontinuierlich rückläufig. Und seit Januar 2012 ist die Menge von rund 3,46 mb/d auf etwa 3,35 mb/d weiter zurückgegangen. 2010 lag der Durchschnitt noch bei knapp 3,71 mb/d. Die Angaben aus dem Iran im OPEC-Bericht wiederum zeichnen ein entgegengesetztes Bild. Demnach wurden 2010 im Durchschnitt rund 3,54 mb/d produziert. Im Januar 2012 waren es 3,72 mb/d und im März bereits rund 3,76 mb/d. 
     
    Unabhängig von der externen oder internen Wahrnehmung dokumentieren die unterschiedlichen Interpretationen, dass es für den Iran schwieriger wird, die nach wie vor hohen Produktionsmengen zu verkaufen - womit die Auswirkungen des Embargos deutlich werden. Deshalb agiert der Iran nun mit Verschleierungstaktiken. Damit die Bestimmungshäfen seiner Öllieferungen unentdeckt bleiben, habe die National Iranian Tanker Company (NITC) die Kapitäne ihrer 39 Öltanker angewiesen, die Transponder abzuschalten, berichtete der EID. Mit diesen Geräten können die Routen von Handelsschiffe nachvollzogen werden. Diese Verschleierungsmethode - zuletzt von Ölkunden während des Bürgerkriegs in Libyen angewendet - sowie die verlockenden Angebote an potenzielle Ölabnehmer könnten zu einer Stabilisierung oder sogar einer Steigerung der Ölausfuhren beigetragen haben, zitiert der EID aus der Ölhandels- und Schifffahrtsbranche. Nebenbei sieht sich der Iran als Opfer einer Cyberattacke auf einen der wichtigsten Ölexport-Terminals. Der Nachrichtenagentur MEHR zufolge wurden am 22. April die Internet- und Kommunikationssysteme des Ölministeriums und der staatlichen Ölgesellschaft attackiert, berichtete die Süddeutsche Zeitung (SZ). 
     
    Mit der Schwankung iranischer Ölexporte beschäftigt sich auch der Tankschiffmakler ACM. Dessen Experten gehen von gleich bleibenden Öllieferungen aus. Die Reederei NITC sei außerdem in der Lage, blockadebedingt fehlende Tankertonnage mit eigenen Kapazitäten auszugleichen. Dass die Ölexporte nicht eingebrochen sind, zeige sich an zwei Faktoren. Zum einen gebe es keinen Anstieg an Schiffen, die zu schwimmenden Tanklagern umfunktioniert wurden ("Floating Storage"), um nicht exportiertes Öl einzulagern. Zum anderen sei der Ölbedarf unter anderem wegen des Ausbaus strategischer Ölreserven im ersten Quartal 2012 weiter gestiegen, aber dennoch scheine die Versorgung völlig ausreichend und reibungslos zu funktionieren. Dazu müssten die anderen OPEC-Staaten, neben der ohnehin steigenden Nachfrage, nicht nur die rückläufigen Produktionsmengen aus Nicht-OPEC-Staaten ausgleichen, sondern noch die zusätzlichen Mengen iranischen Öls kompensieren. Im Grunde muss also laut ACM iranisches Öl zumindest in etwa gleich bleibernder Menge verfügbar gewesen sein. 
     
    Nach diesen Spekulationen ist es - aus rein ökonomischer Sicht - sogar nachvollziehbar, wenn sich der Iran neue Abnehmer für sein heimisches Öl sucht. Möglicherweise kann der Iran bald auf Zugeständnisse bei der Ölblockade hoffen. Zumindest signalisierten die fünf UN-Vetomächte mit Russland und Deutschland Mitte April dem Unterhändler des Iran, für jedes Entgegenkommen im Atomstreit mit Gegenleistungen rechnen zu können. Es sei bereits ein Folgegespräch vereinbart worden, das am 23. Mai auf iranischen Wunsch in Bagdad stattfinden werde, heißt es dazu in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.). 
     
    Für die in der Hansa-Hamburg-Flotte fahrenden Produkten- und Rohöltanker verschiedener Größen ermittelte der Schiffsmakler ACM im April den jeweiligen Ratendurchschnitt für Einzelreisen (Zeitcharteräquivalent): für Suezmax-Rohöltanker rund USD 8.800 pro Tag (Vormonat: USD 24.400), für LR1-/Panamax-Produktentanker USD knapp 9.400 (Vormonat: USD 4.500) und für MR1-Produktentanker ("west") USD 8.700 (Vormonat: USD 12.000) täglich. Als theoretische Einjahreszeitcharterrate errechnete ACM für Rohöltanker der Größe Suezmax eine Rate von USD 17.000 (Vormonat: USD 17.500), für die Größe LR1/Panamax eine Zwölfmonatsrate von USD 12.500 (Vormonat: USD 13.000) und für MR1-Produktentanker eine Rate von USD 12.250 (März: USD 12.000). (Gastbeitrag von Hansa Hamburg Shipping)
     


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