100 Prozent in zwei Jahren sind kein MIST
Die Performance der BRIC-Staaten hat in der jüngsten Zeit zu wünschen übrig gelassen. Brasilien schwächelt, Russland leidet unter Skepsis bezüglich der politischen Umstände, Indien tritt auf der Stelle und China enttäuscht mit Wirtschaftsdaten. Nach Next 11 hat man mit SMIT, unschön auch MIST genannt, die Wirtschaftsnationen Südkorea, Mexiko, Indonesien und die Türkei zusammengefasst. Wir wollen uns in vier Teilen mit den Wachstumsmärkten der Zukunft beschäftigen, legen das Hauptaugenmerk dabei auf den wichtigsten der vier Staaten – die Türkei. Sie wird als Schnittstelle zwischen Asien und Europa in den kommenden Jahren ausgesprochen wichtig werden und energiepolitisch eine Schlüsselfunktion einnehmen. Wir waren vor Ort und haben Eindrücke gesammelt, Unternehmer gesprochen und Investmentideen parat.
Türkei auf dem Wachstumspfad
Für den an Ruppigkeit gewöhnten Großstadtdeutschen ist Istanbul eine echte Überraschung: Hier bleibt kein Mensch lange alleine. In den engen Gassen der riesigen Altstadt redet jeder mit jedem, vielleicht, weil sich Bewohner und Touristen hier schon wegen des Platzmangels nicht aus dem Weg gehen können. In Sachen wirtschaftliche Zusammenarbeit wird den Türken in den kommenden Jahren auch kaum jemand aus dem Weg gehen können, jedenfalls wenn es um Energieversorgung und Durchleiten von Öl oder Gas geht. Dessen sind sich die Menschen in der größten türkischen Stadt bewusst, sie treten entsprechend selbstbewusst und dennoch unsagbar freundlich auf. Eine EU-Mitgliedschaft wäre eine nette Sache, doch die Türken lassen nach kurzer Zeit auch stets durchblicken, dass man Spanien, Italien und Frankreich im Blick hat und nicht unbedingt in die Probleme mit hineingezogen werden will.
Geschickt positioniert, guter Nachwuchs parat
Viele Einzelhändler am Bosporus kennen Deutschland zwar gut, freuen sich aber umso mehr über den Fortschritt des eigenen Landes, auf die Rückkehr von Familienmitgliedern. Auch der Inhaber des Cafés Hemingway im Stadtteil Beyoglu kommt beim typischen Tee schnell zu Wirtschaftsfragen. Woher man käme, will er wissen, welchen Job man ausübt, wie die Aussichten sind. Ah ja, Deutschland, sagt er, kennt er, er hat Verwandte in Hannover. „Aber die kommen jetzt wieder zurück nach Istanbul“, erzählt der Wirt auf Englisch. Obwohl die Familie bereits in der dritten Generation in Deutschland lebe und als seine Heimat betrachte. Doch hier gäbe es mittlerweile mitunter bessere Arbeit als in Deutschland, vor allem gute Wachstumsperspektiven. Um dies zu merken, muss man sich auch nur am Flughafen umsehen: Neubauten wohin das Auge reicht, hervorragende Qualität, dazu mit Turkish Airlines die am schnellsten wachsende Fluglinie in Europa, die der Lufthansa riesige Probleme bereitet. Die Türken fliegen häufig günstiger bei neueren Maschinen und besserem Service an Bord. Dazu positioniert man sich geschickt, investiert in Marketing – so hat man sich jüngst clever und früh genug Borussia Dortmund als Partner gesichert.
Fünf Prozent pro Jahr
Die Türkei ist ein aufstrebendes Land. Die türkische Wirtschaftskraft stieg zwischen 2002 und 2011 um durchschnittlich fünf Prozent jährlich. Das Bruttoinlandsprodukt hat sich in dieser Zeit mehr als verdoppelt. In diesen Tagen zahlt die Türkei die letzte Rate seines letzten Kredits beim Internationalen Währungsfonds IWF zurück. Und unter der mehr als zehnjährigen Regierung von Ministerpräsident Recep Erdogan sank eben auch die Arbeitslosigkeit.
Zwar ist die Wirtschaftsleistung nach rund neun Prozent in 2011 im vergangenen Jahr nur noch um 2,2 Prozent gewachsen.
Ökonomen, wie etwa Nouriel Roubini gehen aber davon aus, dass das nur ein Knick war. Auch, weil die Regierung in der Hauptstadt Ankara ein Regierungsprogramm aufgelegt hat, um die Wirtschaft vor
der drohenden Stagnation zu retten – in diesem Jahr soll die Wirtschaft wieder um fünf Prozent wachsen.
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Bohren mit europäischen Partnern
Die größte Herausforderung Erdogans ist das hohe Leistungsbilanzdefizit der Türkei, das sechs Prozent des BIPs beträgt. Weil die türkische Lira als um geschätzt 30 Prozent überbewertet gilt, sind Importwaren günstig und gefragt. Aber das ist nicht der Hauptgrund für den Überhang: Das größte Loch schlägt der hohe Energieimportbedarf in die Kasse. Zwei Drittel des benötigten Öls und Gas bezieht die Türkei aus Ländern wie Iran, Irak und Russland, nur acht Prozent des Eigenbedarfs fördert die Türkei selbst. Welche Schritte man unternimmt, um auch hier besser dazustehen, erläutern wir morgen im zweiten Teil unserer Serie. Dann werfen wir auch einen Blick auf die Investmentmöglichkeiten wie beispielsweise den ETF mit WKN LYX0AK. Die Performance seit Dezember 2011 beträgt schlappe 100 Prozent. In weiteren Teilen werden wir uns auch den anderen SMIT-Staaten widmen.