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    Trendfolger 6/2014  1909  0 Kommentare Europawahl: Ruhe vor dem Sturm - Seite 2

    Die in diesem Monat anstehende Wahl zum Europäischen Parlament wird zeigen, wie weit dieser von mir damals prognostizierte Prozess in den EU-Staaten bereits fortgeschritten ist. Daher kommt dieser Europawahl meines Erachtens eine hohe politische Bedeutung zu – wenn auch aus ganz anderen Gründen als jenen, welche die etablierten Parteien postulieren.

    Nationale Bedeutung der Europawahl
    Die Zusammensetzung des europäischen Parlaments ist meines Erachtens genauso wenig von Bedeutung, wie die Frage ob die nächste EU-Kommission von einem Herrn Juncker, einem Herrn Schulz oder sonst jemandem geführt wird. Die herausragende Bedeutung dieser Europawahl liegt viel mehr in den sichtbar werdenden nationalen Wählertrends. Das Abschneiden der so genannten EU-skeptischen Parteien wird Auswirkungen auf die Europapolitik der betreffenden, nationalen Regierungen haben. Die prognostizierten 4% bis 8% für die „Alternative für Deutschland“ werden hierzulande vermutlich noch nicht zu einem Umdenken in der großen Koalition führen, doch in anderen Nationen verschieben sich die politischen Kräfteverhältnisse gerade massiv. Hierzu drei Beispiele:

    (1) Die jüngsten Umfragen sehen in Großbritannien die von Nigel Farage geführte, EU-kritische United Kingdom Independence Party (UKIP) mit 31% (2009er-Wahl nur 16,5%) klar in Führung sowohl vor den Konservativen mit 19% als auch vor Labour mit 28%. Da im Königreich bei den nationalen Wahlen das Mehrheitswahlrecht gilt, könnte es beim nächsten Wahlgang geradezu erdrutschartige Verschiebungen auf der politischen Bühne zugunsten der UKIP geben. Selbst beim besten Willen kann Premierminister Cameron keine EU-freundliche Politik mehr verfolgen.

    (2) In Frankreich erzielte die rechte Nationale Front (FN) noch bei der 2009er-Europawahl gerade einmal 6% , bei den 2012er-Wahlen zur Nationalversammlung kam die FN bereits auf knapp 14% und aktuelle Umfragen zur Europawahl sehen die Partei von Marine Le Pen nun bereits bei 24% und damit noch vor den oppositionellen Konservativen des Ex-Präsidenten Sarkozy (UMP 22%, bei der Parlamentswahl noch bei 27%) und sowie vor den regierenden Sozialisten (20%, 2012 noch bei 29%) von Präsident Hollande. Seit der 2012er-Wahl schrumpften die beiden führenden Parteien somit von 56 auf 42%. Die europapolitische Linie von Marine Le Pens Nationaler Front ist klar: „Wir nehmen an der Europa-Wahl teil, weil wir den Fortschritt des europäischen Projekts blockieren wollen.“ Le Pen will sowohl den Euro als auch die Europäische Union als Ganzes abschaffen. Unter den Franzosen wächst die Zustimmung für diese Linie. Selbst in einer von der Europäischen Kommission in Auftrag gegebenen Umfrage beurteilen mittlerweile 56% aller Franzosen die Zukunft der EU pessimistisch . Setzt sich der Wählertrend zugunsten der FN und zu Lasten der etablierten französischen Parteien fort, wovon angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage Frankreichs wohl ausgegangen werden darf, dann dürfte es auch im politischen Paris in den nächsten Jahren zu gravierenden Veränderungen kommen, die auch in Brüssel zu spüren sein werden. Bei einem guten Abschneiden der FN bei der Europawahl wird der Druck sowohl auf die sozialistische Regierung als auch auf die konservative Opposition deutlich zunehmen, ebenfalls auf einen sehr EU-kritischeren Kurs einzuschwenken, um eigene Wähler vom Wechsel zur FN abzuhalten.

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    Daniel Haase
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    Daniel Haase wurde 2009 von der Vereinigung Technischer Analysten Deutschlands mit dem VTAD Award ausgezeichnet. Der Anlagestratege eines Trendfolge-Investmentfonds ist regelmäßiger Interviewpartner im Deutschen Anleger Fernsehen (DAF). Seine aktuellen Analysen und Kommentare erscheinen 25x pro Jahr im Trendfolger-Brief. Bei Interesse melden Sie sich hierzu (kostenfrei) unter www.folgedemtrend.de an.
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    Verfasst von 2Daniel Haase
    Trendfolger 6/2014 Europawahl: Ruhe vor dem Sturm - Seite 2 In 16 Tagen ist Europawahl. Falls man den Umfragen trauen kann, wird die bisherige Mandatsmehrheit von Christdemokraten (EVP) und Sozialdemokraten (S & D) nur moderat von 61% auf etwa 56% schrumpfen. Nicht das Stabilität suggerierende Gesamtergebnis, sondern die einzelnen, nationalen Wahlergebnisse sind es, die Spannung erzeugen. Gleich in mehreren, wichtigen EU-Staaten deuten sich erdrutschartige Verschiebungen im politischen Gefüge an, die letztlich auch für Europa als Ganzes fundamentale Veränderungen ankündigen...

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