Geldanlage
Anleihen - Anker in einer instabilen Welt
Europa ist noch nicht in der Lage, ein steigendes Zinsniveau zu verkraften. Doch die Notenbanken bewegen sich global nicht im Gleichtakt. David Roberts, Leiter des Anleihen-Teams von Kames Capital, über Anleihen als wertvollen Portfoliobaustein.
Herr Roberts, die Finanzmärkte wurden nach der Finanzkrise 2008 mit Liquidität geradezu geflutet. Welche Folgen erwarten Sie, wenn sich die Notenbanken global nicht mehr im Gleichschritt bewegen?
David Roberts: Das Zinsniveau wird erst dann steigen, wenn die Erholung genügend robust ist. Die Chancen dafür stehen in den USA und in Großbritannien gut. Zu erwarten ist ein starker US-Dollar und ein stärkeres Britisches Pfund, was mit Bewegungen auf der Zinskurve mit Fokus auf 5-jährige Laufzeiten einhergeht. Das ist nichts Dramatisches und auf keinen Fall etwas Kritisches.
Wenn die Zinsen in den USA steigen, könnten auch die in Europa anziehen. Doch ist Europa überhaupt robust genug für steigende Zinsen?
Roberts: Der Schritt, die Zinsen zu senken, wurde nicht koordiniert, außer im Höhepunkt der Finanzkrise. Der Entscheid, die Zinsen zu erhöhen, hängt entscheidend von den individuellen Marktbedingungen in den Regionen ab. Europa ist sicher noch nicht in der Lage, ein höheres Zinsniveau zu verkraften, so dass sich die EZB veranlasst sieht, die Banken weiterhin mit Krediten zu extrem tiefen Sätzen zu versorgen.
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In der Regel bremsen höhere Zinsen die Aktienmärkte aus. Sind steigende Zinsen Gift für die Rally oder könnte es sogar eine positive Wirkung herbeiführen?
Roberts: Es wird mehrere Zinsschritte brauchen, um die Aktienmärkte unter Druck zu bringen. Die Ausgangslage ist, dass die Zinsen erst steigen, wenn die wirtschaftliche Entwicklung dies rechtfertigt. Letzteres setzt voraus, dass die Unternehmensgewinne steigen, die Banken wieder vermehrt Fremdkapital zur Verfügung stellen und dadurch auch die Geldmenge wächst. Zudem sollte die Zuversicht so groß sein, dass auch M&A-Aktivitäten wieder anziehen.
Was bedeutet all dies für die Anleihenmärkte? Sollten Obligationen überhaupt noch bis zu Fälligkeit gehalten werden?
Roberts: Obligationen sind keineswegs aus der Mode geraten. Über ein Jahr haben Corporate Bonds in Euro rund 4 Prozent rentiert. High-Yield-Bonds können es mit den Aktienmärkten aufnehmen, haben sie doch 11 Prozent zugelegt. Am unteren Ende finden sich Schwellenländeranleihen – doch auch hier ist der Verlust mit 3 Prozent moderat ausgefallen.
Wie sollen sich Investoren aber bei einer Neuordnung der Zinswelt positionieren?
Roberts: Die Ausgangslage ist für uns klar. Anleihen werden Cash weiterhin übertreffen. Corporate Bonds sind Staatsanleihen vorzuziehen. Es ist sinnvoll, beide in einem flexiblen Investitionsfonds zu halten, welcher dem Manager die Freiheit gibt, sich bei allen Laufzeiten so zu bewegen, wie es die Veränderung des Umfelds erfordert. Anleihen bleiben eine wertvolle Ergänzung für jedes Portfolio und eine gute Investitionsmöglichkeit in einer instabilen Welt.