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     2309  0 Kommentare Russische Aktien in der Bärenfalle?

    Der russische Aktienmarkt hatte die Ukraine-Krise abgehackt und dann kam sie mit Vehemenz zurück: Nachdem der Micex Index, der die 50 größten Aktien des Landes enthält, kurz vor dem Referendum auf der Krim am 16. März eingebrochen war, hatte er seitdem um deutlich mehr als 20 Prozent zugelegt, notierte in der Nähe des 52-Wochen-Hochs vom Oktober 2013 um danach wieder einzuknicken. Die Empfehlung vom 18. März 2014 von Jay Carney, dem damaligen Pressesekretär des Weissen Hauses, russische Aktien zu verkaufen, hat sich damit mit Verspätung als richtig oder teilweise richtige Empfehlung herausgestellt. Der Kursanstieg war zeitweise umso beeindruckender, wenn man bedenkt, dass im Frühsommer etliche Firmen Dividenden gezahlt haben, woraufhin die Aktienkurse deutlich gesunken waren. Das belastete den Micex eigentlich, ist er doch im Gegensatz zum DAX, der die Dividenden enthält, ein Kursindex.

    Russlands Wirtschaft schwächelt – fraglich bleibt, wie lange…

    Die Rally am Aktienmarkt hatte allerdings ohnehin nichts mit einer guten Entwicklung der russischen Wirtschaft zu tun. Sie schwächelt vielmehr, vor allem wegen der Sanktionen der EU. An diesem Punkt steckt Russland in der Putin-Bärenfalle, doch gilt das auch zwingend für die Aktien und vor allem – kann man nicht gerade jetzt Mut haben, um breit in den Markt einzusteigen?

    Schauen wir uns die Fakten an: Das Volumen an Übernahmen und Zusammenschlüssen von Unternehmen ist in Russland im ersten Halbjahr auf umgerechnet 16,6 Mrd. Dollar gesunken. Das war ein Vier-Jahres-Tief und ein Rückgang um fast 40 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2013. Im ersten Quartal dieses Jahres war die Wirtschaft um lediglich 0,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen. Die Notenbank prognostiziert für das Gesamtjahr mit Glück eine schwarze Null.

    Das wäre das niedrigste Wachstum seit 2009. Das staatliche Privatisierungsprogramm im Volumen von einer Billion Rubel (29 Mrd. Dollar), bei dem unter anderem Papiere der Telekomfirma Rostelecom verkauft werden sollen, ist ins Stocken geraten. Immerhin war es den Kreditinstituten Alfa Bank, Sberbank und Gazprombank im Juni gelungen, Euro-Anleihen zu platzieren. Das war die erste Emission von Anleihen in ausländischer Währung seit der Annektierung der Krim im März. Ebenso wie der Aktienmarkt hat sich der Rubel seit Mitte März kräftig erholt, von 51 Rubel je Euro auf aktuell 46,50 Rubel.

    Gazprom tritt bei Dividende auf die Bremse

    Gazprom seit Anfang 2006

    Gazprom seit Anfang 2006

    Das russische Finanzministerium hat zuletzt angekündigt, dass es für das Jahr 2016 mit deutlich geringeren Dividendenzahlungen von staatlich kontrollierten Firmen, wie Gazprom und Rosneftegaz, rechnet als ursprünglich geplant, weil die Unternehmen bei den Ausschüttungen auf die Bremse treten. Der weltgrößte Gasproduzent Gazprom will in den nächsten zehn Jahren 55 Mrd. Dollar investieren, beispielsweise in eine Gaspipeline nach China und in die Erschließung von Feldern im Osten Sibiriens.

    Zudem muss das 22-Milliarden-Dollar-teure South-Stream-Pipeline-Projekt finanziert werden, mit dem Gas über Bulgarien in die Europäische Union transportiert werden soll. Damit will Russland die Abhängigkeit von der Ukraine als Transitland für den Rohstoff verringern. Russland hat einen direkten Anteil von 38,4 Prozent an Gazprom.

    Luft für Aktienmarkt wird dünner, Bewertungen sind aber günstig

    Nach der Rally ist der Micex mit einem KGV von 5 bewertet. Damit sind russische Aktien zwar die günstigsten unter denen aus den Emerging Markets. Allerdings lag das KGV für den Micex vor der Annektierung der Krim bei lediglich 5,3. Und die politischen Risiken sind heute nicht geringer als damals. Wenn Investoren jedoch weiter kräftig bei Aktien aus den Emerging Markets zugreifen sollten, könnte auch der Micex die Klettertour wieder aufnehmen. „Die russischen Aktien werden von der anhaltenden Rally bei Emerging-Markets-Papieren mit nach oben gezogen“, erklärte Joseph Dayan, Analyst bei BCS Financial Group in London. Allerdings dürfen die politischen Börsen dann keine langen Beine haben. Unser Favorit in Russland wäre neben passenden ETFs auch Gazprom. Die Gewinne schrumpfen zwar derzeit, doch das KGV liegt mittlerweile unter 5! Auch die Sberbank macht Spaß, nach gängigen Maßstäben ohne politischen Discount ist die Aktie ein Schnäppchen für Value-Investoren.

    Passende ETFs auf den russischen Markt wären die Variante von Lyxor, WKN LYX0AF oder die Variante der Deutschen Bank, WKN DBX1RC.



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    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
    Russische Aktien in der Bärenfalle? Der russische Aktienmarkt hatte die Ukraine-Krise abgehackt und dann kam sie mit Vehemenz zurück: Nachdem der Micex Index, der die 50 größten Aktien des Landes enthält, kurz vor dem Referendum auf der Krim am 16. März eingebrochen war, hatte er …