Meinung
Schönes Wetter in Bielefeld – beides gibt es nicht!
Jetzt ist es soweit. Am Sonntag werden nach einer Sondersitzung des EZB-Rates die Ergebnisse des Bankenstresstests der 130 größten Banken im Euro-Club bekanntgegeben. Die betroffenen Banken wurden bereits gestern informiert. Ein Jahr lang haben 6000 externe Prüfer im Auftrag der EZB die Bankbilanzen auf Herz und Nieren geprüft und sie anschließend einem Stresstest unterzogen. EZB-Präsident Mario Draghi wollte vor der Übernahme der Bankenaufsicht durch die EZB in der kommenden Woche vorab wissen, wie es um die Banken in Europa steht.
Er will Klarheit schaffen ohne die Märkte zu verunsichern. Doch das ist wie schönes Wetter in Bielefeld – beides gibt es nicht.
Entweder die Bankbilanzen werden um die faulen Papiere der Immobilienblase in Südeuropa bereinigt und die Wahrheit kommt auf den Tisch, oder es wird so getan, als wenn die EZB alles im Griff habe und die Situation nicht so schlimm sei wie befürchtet. Ersteres würde zeitnah zu „Korrekturen“ an den Börsen führen. Letzteres beruhigt heute und verunsichert die Börsen morgen. Es ist wie mit Pest und Cholera. Es gibt keine einfache Lösung.
Wer am Freitag die Börsen verfolgte, konnte den Eindruck gewinnen, dass man sich für die erste Variante entschieden hat. Es kommt nicht so schlimm wie befürchtet. Der Deutsche Aktienindex DAX stürzt nicht ab, der Kurs des Wackelkandidaten Commerzbank erholt sich seit einer Woche um mehr als 10 Prozent und auch sonst scheint keine weitere deutsche Bank betroffen zu sein. Erste Quellen sprechen von 11 Banken, die beim Stresstest durchgefallen sind: drei griechische, drei italienische, zwei österreichische, eine zypriotische, eine portugiesische und eine belgische Bank.
Jedoch ist keine spanische Bank unter den Kandidaten. Das sagt viel über die Ernsthaftigkeit des Stresstests aus. Schon die beiden Vorgängerstresstests 2007 (IWF) und 2010 (CEBS) waren Gefälligkeitstests, die weder die Zusammenbrüche der Großbanken Bear Stearns und Lehman Brothers noch die Schieflage der spanischen Bankia feststellten. Schon damals ging es den jeweiligen Regierungen nur darum, wie sie auf die Stresstestkriterien so Einfluss nehmen konnten, dass „ihre“ Banken möglichst gut durchkommen. Das scheint sich jetzt zu wiederholen, denn in Spanien ist die Immobilien- und damit die Bankenkrise längst nicht vorbei. Im Februar 2014 berichtete die spanische Notenbank von mehr als 197 Mrd. Euro zweifelhaften Krediten in den Bilanzen spanischer Banken. Dies entspricht 13,6 Prozent des ausstehenden Kreditvolumens an den Privatsektor. Geht man davon aus, dass bereits 50,5 Milliarden Euro an faulen Krediten an die spanische Bad Bank SAREB ausgelagert wurden, sind fast 250 Milliarden Euro, also 17 Prozent im Feuer. Das kann der spanische Bankensektor nicht „ausschwitzen“.
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