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    Zentralbank à la Fed  2437  1 Kommentar Spanien erklärt EZB zum Sündenbock - und will ihr jetzt mehr Macht geben

    Der Erfolg von Podemos wird zur Gefahr für die spanische Regierung. Sie muss um ihre Macht fürchten. Was also tun? Regierungschef Mariano Rajoy wagt jetzt den Befreiungsschlag – und erklärt die EZB zum Sündenbock!

    Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy steht unter Druck. Zwar konnte sich die Wirtschaft inzwischen wieder einigermaßen berappeln, doch noch immer kämpfen viele Spanier mit der Perspektivlosigkeit. Besonders dramatisch ist die Lage bei jungen Menschen, jeder zweite von ihnen ist arbeitslos. Ihre Hoffnungen ruhen auf neuen politischen Strömungen wie Podemos („Wir können“). Die konservative Volkspartei um Rajoy muss langsam aber sicher um ihre Macht fürchten, denn Podemos ist drauf und dran bei den Parlamentswahlen Ende des Jahres stärkste Kraft zu werden (Lesen Sie hierzu auch: Wenn der Protest zur Gefahr wird - Regiert in Europa bald das Chaos?).

    Dieser Hintergrund ist vielleicht nicht ganz unwichtig, wenn Rajoy nun zum „Rundumschlag“ ausholt. In einem acht Seiten langen „Brandbrief“ macht der spanische Regierungsluft seinem Unmut Luft. Adressat dieser Abrechnung? Die Europäische Zentralbank (EZB). Ihr nämlich gibt Rajoy die Schuld an der spanischen Misere.

    EZB als Sündenbock

    Einem Bericht der „Welt“ zufolge wirft er der EZB vor, in den vergangenen Jahren eine Währungspolitik betrieben zu haben, die für gewisse Euro-Partner „nicht angemessen“ gewesen sei und in einigen Ländern die Schuldenexzesse noch gefördert habe. So hätten die Zentralbanker tatenlos zugesehen, wie sich innerhalb der Euro-Zone immense wirtschaftliche Ungleichgewichte auftürmten, siehe Arbeitsmarkt.

    Rajoy ist bei Weitem nicht der einzige, der die EZB scharf kritisiert. Zuletzt ging auch der Schweizer Ökonom Thomas Straubhaar hart mit den Notenbankern ins Gericht. Stein des Anstoßes war der Insiderskandal, bei dem EZB-Direktor Benoît Cœuré Hedgefonds auf einer geheimen Veranstaltung mit exklusiven Informationen versorgte (wallstreet:online berichtete). Straubhaar hält es deshalb für überfällig, die Rolle der Zentralbanken kritisch zu hinterfragen. Diese hätten zu viel Macht und zu wenig Kontrolle. Seine Forderung: „Es wird Zeit, die Zentralbanken zu entmachten!“ (siehe hier).

    Spanien fordert mächtigere Zentralbank

    Auch der spanische Regierungschef möchte die Rolle der EZB hinterfragen. Allerdings schwebt ihm dabei keine Machtbeschneidung vor, wie Straubhaar sie fordert. Im Gegenteil, Rajoy gehen die Machtbefugnisse der EZB nicht weit genug. Er möchte eine starke Zentralbank nach US-amerikanischem Vorbild. Eine, die sich nicht nur um die Preisstabilität kümmert, sondern auch die wirtschaftliche Kohärenz der Mitgliedsstaaten fördert, beispielsweise indem sie sich den unterschiedlichen Arbeitslosenquoten annimmt. Genau das ist der EZB bislang aber strengstens untersagt. Laut EU-Verträge darf sie einzig und allein Geldpolitik betreiben. Wirtschafts- oder fiskalpolitische Maßnahmen sind strengstens tabu. Ob sie sich immer daran hält, ist eine andere Frage. Beobachter kritisieren immer wieder, die EZB würde ihr Mandat verletzen und sich über ihre Befugnisse hinwegsetzen (siehe hier). Geht es nach Rajoy, könnte das bald der Vergangenheit angehören. Er möchte die EU-Statuten so abändern, dass die EZB bald ganz offiziell ihre Macht ausweiten darf.

    Ernsthafter Vorschlag oder wahltaktisches Manöver?

    Die „Welt“ weist in diesem Zusammenhang auf die Widersprüchlichkeit der spanischen Argumentation hin. Einerseits klage Madrid über die Folgen einer zu lockeren Geldpolitik der vergangenen Jahre für das eigene Land, andererseits wolle Spanien aber genau das jetzt durchsetzen, um sich selbst zu retten.

    Vielleicht möchte die spanische Regierung aber auch einfach die Verantwortung auf jemand anderes abwälzen, indem sie die EZB zum Sündenbock für die eigene Misere macht. Aus wahltaktischen Gründen mag das keine schlechte Idee sein. Aber wem ist damit geholfen? Und würde es Europa und Spanien wirklich besser gehen, wenn man die EZB noch mächtiger macht, als sie ohnehin schon ist?





    wallstreetONLINE Redaktion
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