Reformen oder Sonderrolle
Der Geduldsfaden reißt - „Cameron nimmt Europa in Geiselhaft“
Großbritanniens Premier David Cameron bekommt für seine Forderung nach weitreichenden Zugeständnissen für den Verbleib seines Landes in der Europäischen Union heftigen Gegenwind von konservativen Europaparlamentariern. „Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass London ganz Europa für seine Ziele immer wieder in Geiselhaft nimmt“, zitiert das Nachrichten-Magazin "Der Spiegel" den Fraktionschef der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber (CSU). Er habe zwar großes Interesse daran, dass Großbritannien in der EU bleibe, so Weber, „aber das Referendum muss das Verhältnis Großbritanniens zur EU langfristig klären“.
Cameron warb in den vergangenen Tagen in mehreren europäischen Hauptstädten für seine Reformvorschläge, heute auch in Berlin. Die Briten wollen unter anderem erreichen, dass Sozialleistungen an EU-Ausländer künftig erst ausgezahlt werden müssen, wenn sie sich mehrere Jahre in Großbritannien aufhalten und dort auch Beiträge gezahlt haben. Außerdem drängt Cameron auf schärfere Regeln gegen den Zuzug von EU- Ausländern.
EU-Referendum in Großbritannien
Cameron will die Briten spätestens 2017 über den Verbleib Großbritanniens in der EU abstimmen lassen. Für ein "Ja" der traditionell EU-skeptischen britischen Bürger zur EU seien einschneidende Änderungen in der europäischen Zusammenarbeit erforderlich. Neben den Einschränkungen von Sozialleistungen für Migranten will Cameron den im Lissabon-Vertrag verankerten Grundsatz einer weiteren Vertiefung der Beziehungen aufweichen. Auch soll die Position der Nicht-Euro-Länder unter den 28 EU-Mitgliedern gestärkt werden. Dies erfordere allerdings Änderungen der EU-Verträge, was unter anderem von der Bundesregierung abgelehnt wird.
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In einem gemeinsamen Positionspapier widersprechen die deutsche und die französische Regierung Camerons Vorschlägen. Sie fordern eine „Unterstützung der Mobilität von Arbeitnehmern“, zitiert der "Spiegel" aus dem Papier. Zudem machen sich Berlin und Paris für eine bessere Abstimmung in der Wirtschafts- und Finanzpolitik stark – allerdings ohne die von den Briten gewünschte Vertragsänderung.