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    "Krieg gegen Griechenland"  6827  7 Kommentare Varoufakis: "Ohne Umschuldung läuft bei uns nichts!"

    Yanis Varoufakis ist zurück in der Grexit-Show. Und die wohl schillerndste Figur im griechischen Schuldenstreit tut das, was sie am besten kann: Provozieren. Die Rede ist vom "Krieg gegen Griechenland" sowie einem "Rufmordversuch".

    „Bitte erlaubt uns Reformen“, sagte Yanis Varoufakis am Montagabend bei einer Veranstaltung in Berlin, wo er einmal mehr für den Kurs der Athener Regierung warb. Von Renten- oder Gehaltskürzungen, wie sie von den Geldgebern gefordert werden, wollte der griechische Finanzminister dagegen nichts wissen. Eine Haushaltssanierung ohne Wachstum könne nicht gelingen. Reformen, etwa des Renten- und Steuersystems sowie auf dem Arbeitsmarkt könnten nicht gelingen, wenn eine Bevölkerung weiter ausgepresst werde, so Varoufakis laut "dpa-AFX".

    „Deutschland muss tun, was ein Hegemon eben tun muss“

    Eine Schlüsselrolle im Schuldenstreit kommt Varoufakis zufolge Bundeskanzlerin Angela Merkel zu. Diese hat jüngst die Verhandlungen zur Chefsache erklärt (siehe hier). Doch der griechische Finanzminister fordert mehr. Merkel müsse in Griechenland eine „Speech of Hope“ halten, eine Hoffnungsrede, sagte er. So wie der US-Außenminister Byrnes im Jahr 1946 in Stuttgart, dessen Rede Deutschland auf die Beine geholfen habe.

    Im Interview mit dem „Tagesspiegel“ bekräftigte der Ökonom diese Forderung: „Das ist, was ein Hegemon tun muss.“ Er werde oft als antideutsch dargestellt, aber das sei falsch, so Varoufakis weiter. „Ich will Führung von Deutschland.“ Führung ja, aber kein Geld. Im Gegenteil, meint der griechische Finanzminister: „Die Deutschen haben bereits zu viel Geld gegeben. Aber es ist verloren. Es ist in einem schwarzen Loch verschwunden, denn es ist niemals wirklich nach Griechenland geflossen, sondern es ist direkt an die Banken gegangen. Die Bankenrettung wurde als Griechenlandrettung verkauft.“

    Durch Umschuldung zurück an die Märkte

    Aus diesem Grund wolle Athen kein Geld, sondern eine Umschuldung. Varoufakis schlägt vor, die Schulden Griechenlands bei der Europäischen Zentralbank (EZB) mit Hilfe eines neuen Kredites des Euro-Rettungsfonds (ESM) auszulösen. So könnte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die EZB-Schulden würden in die Zukunft verschoben und Griechenland könnte an den Markt zurückkehren und dann auch in den Genuss des „Quantitative Easing“-Prorgamms der EZB kommen. Das zu tun, so Varoufakis, sei nur eine Frage des politischen Willens.

    Aber ein solcher Wille fehle den Geldgebern. Varoufakis: „Wir fordern eine Lösung. Was sie vorschlagen, ist nur die Fortsetzung der Krise. Dafür haben wir kein Mandat. Sie wollen nur Rentenkürzungen oder erleichterte Massenentlassungen in den wenigen großen Unternehmen, die wir noch haben.

    „Das ist, als ob man eine kranke Kuh schlägt, damit sie mehr Milch gibt“

    Tatsächlich hätten die Institutionen keinerlei Zugeständnisse gemacht. Das letzte „Friss oder stirb“-Angebot – für Varoufakis alles andere als ein Kompromissvorschlag: „Einen solchen Vorschlag macht man nur, wenn man eigentlich gar keine Vereinbarung will.“ Ganz anders dagegen die griechische Regierung. Im Gegensatz zu den Gläubigern hätte sich Athen auf die Gegenseite zubewegt und viele ihrer „roten Linien“ überschritten, so Varoufakis. So habe man beispielsweise einen Primärüberschuss im Haushalt und eine Erhöhung der Mehrwertsteuer angeboten. Der Finanzminister spricht von einem „exzessiven Vorschlag“. Dass dieser aber noch immer nicht an die Forderungen der Geldgeber heranreiche, liegt Varoufakis zufolge daran, dass die Differenz entscheiden könnte, ob man auch den Rest der griechischen Volkwirtschaft abwürge oder nicht. Würde man im siebten Jahr der Rezession noch einmal drei Milliarden Euro durch Rentenkürzungen und Erhöhung der Mehrwertsteuer einsparen, fiele das Defizit im nächsten Jahr wieder viel höher aus. „Das ist, als ob man eine kranke Kuh schlägt, damit sie mehr Milch gibt“, so Varoufakis. „Das bringt sie um.“ (Um die besagte Milchkuh ging es zuletzt auch bei „Maybrit Illner“, siehe hier).

    Seiner Meinung nach brauche Griechenland deshalb in erster Linie eine Umschuldung sowie ein Investitionspaket. Steuern und Reformen seien dagegen nur ein Drittel des nötigen Programms. Die klare Botschaft des Finanzminister: „Die Gläubiger sollten wissen: Bis wir diese beiden Themen, Umschuldung und das Investitionsprogramm, besprochen haben, läuft bei uns nicht. Ohne das werden wir keine Vereinbarung unterschreiben.“

    Geldgeber führten Krieg gegen Griechenland

    Gegen Ende des Interviews erlaubt sich der griechische Finanzminister dann noch einen persönlichen Giftpfeil in Richtung der Gläubiger und spricht von einem „Rufmordversuch“ gegen ihn (Lesen Sie hierzu: Der gute Tsipras, der böse Varoufakis – Alles nur Inszenierung?): „(L)eider haben die europäischen Partner und die Institutionen die Möglichkeit verpasst, unser Angebot zu nutzen, die Verhandlungen als Beratung zwischen Partner zu sehen, sondern haben es in einen Krieg gegen uns verwandelt“, so Varoufakis und bemüht das Sprichwort, wonach die Wahrheit im Krieg als Erstes sterbe.



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    "Krieg gegen Griechenland" Varoufakis: "Ohne Umschuldung läuft bei uns nichts!" Yanis Varoufakis ist zurück in der Grexit-Show. Und die wohl schillerndste Figur im griechischen Schuldenstreit tut das, was sie am besten kann: Provozieren. Die Rede ist vom "Krieg gegen Griechenland" sowie einem "Rufmordversuch".

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