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    Griechenland-Gutachten Teil 1  3323  3 Kommentare Wirtschaftsweise wollen Bock zum Gärtner machen - Finanzmärkte als Schulden-Polizei

    Mit einem Paukenschlag melden sich die fünf Wirtschaftsweisen in Sachen Griechenland-Krise zu Wort. In einem Sondergutachten fordern sie knallharte Konsequenzen aus dem Schuldenstreit. Doch ein Mitglied rebelliert und will das Positionspapier nicht mittragen.

    - Teil 1: Das fordern die Wirtschaftsweisen -

    Die Griechenland-Krise habe die Währungsunion in ihren Grundfesten erschüttert, konstatiert der Sachverständigenrat in einem am Dienstag vorgestellten Sondergutachten und fordert ein „Maastricht 2.0“. Es müsse ein Ordnungsrahmen entworfen werden, der dem Leitgedanken der Einheit von Haftung und Kontrolle folge.

    Stichwort Haftung:

    Wer soll künftig für die Überschuldung eines Mitgliedstaates gerade stehen? Nach Ansicht der Wirtschaftsweisen in erster Linie das Land selbst, indem es notfalls aus dem Euro-Raum geworfen werden kann. „Ein dauerhaft unkooperativer Staat dürfe den Euro nicht existenziell bedrohen“, schreiben sie. Daher müsse ein Austritt aus der Währungsunion als Ultima Ratio möglich sein. „Ein Austritt (…) darf nicht tabuisiert werden“, erklärte der Wirtschaftsweise Lars Feld bei der Vorstellung des Sondergutachtens (siehe hier). „Ansonsten sind die Partner erpressbar.“

    Haften soll also in erster Linie das Land selbst. Darüber hinaus fordern die Wirtschaftsweise ein geordnetes Insolvenzverfahren für Euro-Staaten, bei dem auch die Gläubiger an den Verlusten beteiligt werden. Nur so ließe sich die Gefahr reduzieren, „dass Steuerzahler wieder zum einseitigen Vorteil der Anleihegläubiger in die Pflicht genommen werden würden, wenn ein hoch verschuldetes Land ins Straucheln geriete“, heißt es in der Pressemitteilung.

    Stichwort Schuldenunion

    An diesem Statement wird bereits die eindeutige Haltung des Sachverständigenrates zum Thema gemeinsame Haftung der Euro-Länder erkennbar: Nein zur Schuldenunion! Im Fall Griechenland hätte die „nicht durch die vorherige Aufgabe nationaler Souveränität demokratisch legitimierte Übernahme von Haftungsrisiken durch die europäischen Steuerzahler große politische Risiken“ mit sich gebracht und den öffentlichen Diskurs zwischen den Mitgliedsstaaten „stark in Mitleidenschaft“ gezogen. Als Konsequenz daraus fordert der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Christoph M. Schmidt: „Für den Zusammenhalt der Währungsunion müssen wir anerkennen, dass Wähler in Gläubigerstaaten nicht bereit sind, Schuldenstaaten dauerhaft zu finanzieren.“

    Der Sachverständigenrat wendet sich daher gegen aktuell diskutierte Reformvorschläge wie die Einrichtung einer Fiskalkapazität, einer europäischen Arbeitslosenversicherung oder einer Wirtschaftsregierung für den Euro-Raum. Vor Kurzem hatten die fünf Europa-Präsidenten ihre Vision einer Politischen Union vorgestellt, welche auch eine Fiskalunion und einen gemeinsamen Euro-Finanzminister beinhalten sollte (siehe: Reformpapier: Mit Bankenunion und Euro-Schatzamt zur Politischen Währungsunion). Dem erteilen die Wirtschaftsweisen nun eine klare Absage. Eine gemeinsame Fiskalpolitik sei „weder notwendig noch zielführend“, sondern würde zu „signifikanten Umverteilungswirkungen“ führen. Konkret befürchten sie „dauerhaft einseitige Transfers zwischen Ländern“. Heißt: Die Wirtschaftsweisen wollen verhindern, dass Deutschland für die Schuldenexzesse anderer Mitgliedsländer aufkommen muss.

    Stichwort Kontrolle

    Wenn nach Ansicht des Sachverständigenrates aber weder eine gemeinsame Wirtschaftsregierung noch ein Euro-Finanzminister über die Haushaltspolitik der einzelnen Länder wachen soll, wer dann? Antwort: Die Finanzmärkte. Diese könnten „länderspezifische Schocks“ ohnehin besser abfedern, meinen die Wirtschaftsweisen. Warum sollte man sie also nicht gleich zur zentralen Kontrollinstanz machen? Feld hält es „wohl für allemal besser, die Finanzmärkte als anonyme Regelungsinstanz vorzusehen.“ Er und seine Kollegen sind der Meinung, die Finanzmärkte sollten eine „Disziplinierungsfunktion ausüben, indem sie über höhere Risikoprämien auf Staatsanleihen die fiskalische Disziplin der Mitglieder einfordern.“

    Bofinger will die Meinung seiner Kollegen nicht mittragen

    Doch genau das will Peter Bofinger nicht mittragen. Stattdessen mimt er einmal mehr den Wirtschaftsweisen-Rebell und will das Sondergutachten nicht mittragen. Warum er es so entschieden ablehnt, lesen Sie im zweiten Teil: Bofinger als Rebell der Wirtschaftsweisen: Her mit der Schuldenunion!



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