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    Rechtsbeugung  3217  3 Kommentare ESM-Geheimoperation am Bundestag vorbei

    Die Tragik der Europäischen Union ist nicht, dass es keine Regeln gäbe. Die Tragik der EU ist, dass sie im Zweifel soweit verbogen werden, dass anschließend auch das glatte Gegenteil ihres Ursprunges herauskommen kann. Je prekärer die Situation ist, desto größer ist die Rechtsbeugung. Und natürlich finden die Eurokraten einen Randparagraphen oder einen Juristen, der im Zweifel das eigene Handeln legitimiert. Gerade dieser fatale Pragmatismus ist die eigentliche Ursache der Legitimationskrise der EU.

    Klar waren die Regeln von Anfang an. Die Maastricht-Kriterien legten die Verschuldungsobergrenzen fest, das Dubliner-Abkommen den Umgang mit Asylbewerbern, der Fiskalpakt das Verschuldungsverbot und Hilfskredite der Eurostaaten setzten eine Schuldentragfähigkeit des Krisenlandes und eine Gefährdung des Euro-Raumes als Ganzes voraus. Bei der jeweiligen Verabschiedung in den Regierungskonferenzen und Parlamenten wurde das neue Recht gefeiert und als wichtiger Meilenstein des europäischen Einigungsprozesses glorifiziert.

    Jüngstes Beispiel ist der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM. Was haben sie nicht alle an den einzelnen Paragraphen des ESM-Vertrages herum gefingert, ihn ausgelegt und bis vor das Bundesverfassungsgericht gezerrt. Am Ende war man sich einig, dass der ESM ohne Zustimmung des Deutschen Bundestages nicht tätig werden dürfe, weil der Bundesfinanzminister im Gouverneursrat im Zweifel sein Veto einlegen können müsse, wenn der Bundestag nicht oder noch nicht entschieden habe. Hoch und heilig wurde dies vom Finanzminister, der Bundeskanzlerin und der übergroßen Mehrheit des Bundestages versprochen. Und nun? Immer wenn es eng wird, verfährt man nach dem alten Adenauerschen Grundsatz: „Was geht mich mein Geschwätz von gestern an“.

    Wie jetzt die Nachrichtenagentur Bloomberg berichtete, hat der ESM bereits vor der Zustimmung des Deutschen Bundestages über das dritte Hilfspaket für Griechenland in Höhe von 86 Milliarden Euro am 19. August 2015 faktisch eine Zwischenfinanzierung über 7,8 Milliarden Euro für Griechenland bereitgestellt. Ziel war es, die Zeit bis zur Verabschiedung durch die nationalen Parlamente und die anschließende Zustimmung des ESM-Gouverneursrates zu überbrücken. Eine Zustimmung oder Konsultierung des Bundestages oder eines anderen nationalen Parlaments fand nicht statt. Man agierte stattdessen heimlich im Verborgenen. Der ESM investierte für 7,8 Milliarden Euro in Anleihen, die im Rahmen einer streng geheimen Privatplatzierung von der EU begeben wurden. Anschließend reichte die EU die Gelder an die griechische Regierung weiter, damit diese ihre Anleihen bedienen konnte.


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    Frank Schäffler
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    Frank Schäffler (FDP) ist als klassischer Liberaler ein Kritiker der Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung und des geldpolitischen Kurses der EZB. Der Autor veröffentlicht wöchentlich seinen Weblog, den man hier auf seiner Homepage anfordern kann.
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    Verfasst von 2Frank Schäffler
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