ROUNDUP/Aktien Frankfurt Schluss
Dax rutscht im Sog von VW deutlich ab
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Abgas-Skandal bei Volkswagen (VW) hat am Dienstag neben dem Wolfsburger Autobauer und der Branche den gesamten deutschen Aktienmarkt sichtbar belastet. "Die bisherigen Tragsäulen der Aufwärtsbewegung brechen langsam weg", sagte Aktienhändler Andreas Lipkow vom Vermögensverwalter Kliegel & Hafner. Zu den seit längerem schwachen Energiewerten gesellten sich nun die Automobiltitel. Zudem verliere der Faktor Liquidität und niedrige Zinsen an den Börsen weltweit seine Strahlkraft, ergänzte Analyst Andreas Paciorek vom Wertpapierhändler CMC Markets.
Anders als zum Wochenauftakt gab es diesmal auch keinen Rückenwind von den US-Börsen. Der erneute Kurssturz beim Dax-Schwergewicht Volkswagen zog den deutschen Leitindex in Mitleidenschaft. Am Nachmittag weitete er im Sog der schwachen Wall Street seine Verluste aus und ging 3,80 Prozent tiefer bei 9570,66 Punkten aus dem Handel. Es war der heftigste Tagesverlust des Börsenbarometers seit dem 24. August, als Sorgen über Chinas Wirtschaft die Anleger geschockt hatten, und der niedrigste Schlussstand seit Anfang Januar. Sämtliche Indexmitglieder notierten im roten Bereich.
MDAX LEIDET UNTER SCHWACHEN AUTOZULIEFERERN
Auch der MDax der mittelgroßen Werte geriet angesichts der Kursabschläge bei den zahlreichen Indexmitgliedern aus der Autozulieferbranche unter Druck: Er schloss mit einem Minus von 2,76 Prozent bei 19 097,69 Punkten. Der Technologiewerte-Index TecDax verlor 2,79 Prozent auf 1698,30 Punkte.
Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 sank um 3,41 Prozent auf 3076,05 Punkte. In Paris und London ging es ebenfalls deutlich bergab. An der New Yorker Börse notierte der Dow Jones Industrial zum europäischen Handelsende mehr als anderthalb Prozent im Minus.
KEINE POSITIVEN IMPULSE IN SICHT
"Es stellt sich nun die Frage, wo positive Impulse herkommen sollen", führte Experte Paciorek weiter aus. "Wenn die Weltwirtschaft nicht mehr überzeugt, machen sich Ängste vor einer schwächeren Gewinnentwicklung bei den Unternehmen breit." Am Mittwoch stehe mit dem chinesischen Einkaufsmanagerindex des verarbeitenden Gewerbes ein bedeutender Termin auf der Agenda, "da er eine Indikation liefert, ob die Erwartungshaltung gegenüber der chinesischen Konjunkturentwicklung zu pessimistisch ist oder die Abkühlung ungebrochen voranschreitet".
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Zudem wüssten die Anleger nicht, was sie von der jüngsten Rhetorik der US-Notenbank Fed halten sollen, erklärte der Experte. Die Währungshüter hatten in der vergangenen Woche den Leitzins auf seinem rekordniedrigen Niveau belassen und damit Sorgen über die weltweite Konjunktur geschürt.
VW STÜRZEN ERNEUT AB - AUCH DAIMLER UND BMW UNTER DRUCK
Der Sturzflug bei den Volkswagen-Vorzugsaktien setzte sich mit der Ausweitung des Skandals um manipulierte Abgastests in den USA fort: Nach zwischenzeitlich noch heftigeren Verlusten schlossen sie 19,82 Prozent tiefer bei 106,00 Euro - damit verpufften weitere rund elf Milliarden Marktkapitalisierung. Der Wolfsburger Autobauer räumte ein, es gebe Unstimmigkeiten in den Messwerten bei weltweit rund elf Millionen Diesel-Fahrzeugen - davor war nur die Rede von knapp einer halben Million betroffener Fahrzeugen in den USA. VW stellte in der Folge 6,5 Milliarden Euro ergebniswirksam zurück, um die Folgen der Manipulation für die Kunden abzufedern und weitere Maßnahmen zu bezahlen. Für die Aktien der VW-Konkurrenten Daimler und BMW , die ebenfalls stark auf Dieselfahrzeuge setzen, ging es um 7,02 beziehungsweise 6,02 Prozent bergab.
Die Aktien der Energiekonzerne RWE und Eon standen mit Kursverlusten von jeweils rund viereinhalb Prozent weiter unter Druck. Fundamental gebe es nichts neues bei den Aktien, die allerdings aufgrund einer gewissen Perspektivlosigkeit in dem Sektor im Abwärtsstrudel blieben, sagte ein Händler. Die RWE-Aktie stand am Ende unter 10 Euro. Seit Jahresbeginn blickt die Aktie des Versorgers mit minus 62 Prozent auf die schwächste Entwicklung im Dax zurück.
SÜDZUCKER SPRINGEN DANK PROGNOSEANHEBUNG HOCH
Im MDax sorgte hingegen Südzucker mit einer höheren Jahresprognose für einen Lichtblick: Die Aktien sprangen mit plus 12,94 Prozent an die Indexspitze. Steigende Preise für den Ökokraftstoff Bioethanol stimmten optimistischer - die Tochter Cropenergies zählt hier zu den größten europäischen Herstellern./gl/he
--- Von Gerold Löhle, dpa-AFX ---