ROUNDUP
Richter im Deutsche-Bank-Prozess befassen sich mit Vorstandsprotokoll
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Prozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank Jürgen Fitschen um versuchten Betrug im Fall Kirch kommt nur schleppend voran. Am Dienstag mussten sich die Richter vor dem Landgericht München zunächst mit der korrekten Übersetzung eines Vorstandsprotokolls der Deutschen Bank befassen. Am Nachmittag warteten sie dann vergeblich auf einen Zeugen, der nicht zur vorgesehenen Zeit erschien und nun erneut zum nächsten Termin in zwei Wochen geladen wird. Nach dem ursprünglichen Zeitplan hätte der Prozess bereits beendet sein sollen. Inzwischen sind Termine bis kurz vor Weihnachten angesetzt.
Fitschen und seine Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer müssen sich seit April zusammen mit zwei weiteren Ex-Bankern wegen versuchten Prozessbetrugs verantworten, weil sie 2011 versucht haben sollen, Richter des Oberlandesgerichts München zu täuschen. Sie weisen die Vorwürfe zurück. Die Staatsanwaltschaft hatte vor wenigen Wochen zahlreiche neue Zeugen benannt, mit denen sie ihre Vorwürfe beweisen will. Einige davon hatten die Richter daraufhin geladen.
Dazu gehörte auch eine Dolmetscherin, die sich am Dienstag zum Wortlaut eines Protokolls äußerte, das im Jahr 2002 von einer Vorstandssitzung der Deutschen Bank erstellt wurde. Das Protokoll ist
auf Englisch verfasst und hatte schon vor Jahren für Diskussionen im Rechtsstreit zwischen Kirch und der Deutschen Bank gesorgt.
Die Sachverständige übersetzte entscheidende Passagen des Protokolls nochmals Wort für Wort ins Deutsche und beantwortete Fragen der Richter zur Grammatik in wichtigen Sätzen ("Meines Erachtens ist es sehr klar Present Perfect"). Für den Prozess ist das Protokoll von Bedeutung, da es in der damaligen Vorstandssitzung der Deutschen Bank um die Frage ging, wie sich das Geldhaus gegenüber Leo Kirchch verhalten sollte, der mit seinem Medienkonzern in großen Problemen steckte.
Lesen Sie auch
Nach Überzeugung der Münchner Staatsanwaltschaft ergibt sich aus dem Protokoll, dass die Bank damals Interesse an einem Beratungsmandat von Kirch hatte, um die Umstrukturierung des Unternehmens zu begleiten. Im Zivilprozess um Schadenersatzforderungen von Kirch gegen die Deutsche Bank vor dem Münchner Oberlandesgericht 2011 habe Breuer hingegen gesagt, es habe keine derartigen Pläne gegeben. Damit wollte er aus Sicht der Ankläger Richter täuschen und Schadenersatzforderungen abwehren. Auch die anderen vier Angeklagten sollen sich der Staatsanwaltschaft zufolge nach einem gemeinsamen Tatplan an dem versuchten Prozessbetrug beteiligt haben./dwi/DP/stb