Was wusste Winterkorn?
Schadensersatz, finanzieller Ruin ... Gefängnis? Für Martin Winterkorn wird es eng
Das Schicksal von Martin Winterkorn hängt am seidenen Faden. Genauer gesagt an einer einzigen Frage: Wusste er von der Manipulationssoftware in Diesel-Fahrzeugen oder nicht? Die Antwort entscheidet über die Zukunft des zurückgetretenen VW-Chefs und darüber, ob er diese möglicherweise hinter Gittern verbringen muss.
Er sei fassungslos, dass Verfehlungen in dieser Tragweite im Volkswagen-Konzern möglich waren, sagte Martin Winterkorn in der vergangenen Woche, als er vom Amt des Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG zurücktrat (siehe hier). Fassungslos vor allem deshalb, weil er von den Manipulationen nichts gewusst haben will. Er sei sich „keines Fehlverhaltens bewusst“, betonte Winterkorn.
Das zu glauben fällt nicht gerade leicht. Wie kann der Chef eines großen Automobilherstellers nicht mitbekommen, dass über Jahre hinweg Millionen von Diesel-Fahrzeugen vorsätzlich manipuliert wurden? Die Frage, ob und wenn ja, wann Winterkorn von den Manipulationen gewusst hat (oder eben auch nicht), ist von zentraler Bedeutung. Denn sie entscheidet darüber, ob der Ex-VW-Chef als armer Mann endet – oder möglicherweise sogar ins Gefängnis muss.
Muss Winterkorn hinter Gitter?
Seit Montag ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen Winterkorn wegen des Verdachts auf besonders schweren Betrug (siehe hier). FDP-Politiker und Jurist Wolfgang Kubicki ist sich im „Spiegel“ sicher: „Wenn Herr Winterkorn tatsächlich von den Manipulationen gewusst und sie gebilligt hat, würde das Verfahren wohl nicht ohne Haft ausgehen können.“ Im Fall einer Verurteilung wegen systematischen Betrugs drohen dem ehemaligen VW-Chef Geld- und Freiheitsstrafen zwischen sechs Monaten und bis zu zehn Jahren. Bei einer Strafe von mindestens zwei Jahren Haft entfiele jedoch die Option auf Bewährung und Winterkorn müsste ins Gefängnis. Laut Kubicki sei ein solches Szenario durchaus möglich, denn: „Ich halte es für ausgeschlossen, dass der Vorstand von VW über einen Zeitraum von mindestens acht Jahren und bei einer solcher Anzahl von Fahrzeugen keine Kenntnis hatte.“
Haftpflichtversicherung lässt Winterkorn im Regen stehen
Von der Frage, was wusste Winterkorn wann, hängt aber nicht nur sein juristisches Schicksal ab. Sie entscheidet auch über einen möglichen finanziellen Ruin. Im Fall einer Verurteilung könnte VW seinem ehemaligen Chef den entstandenen Schaden in Rechnung stellen. Winterkorn drohen dann Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe. Eine Summe, die Winterkorn trotz eines Jahresgehalts von ca. 16 Millionen Euro – mehr als jeder andere DAX-Vorstand – wohl nicht stemmen könnte. Besonders bitter für Winterkorn: Auch seine Haftpflichtversicherung, die ihn als Manager vor genau solchen Forderungen bewahren soll, würde bei einer Verurteilung nicht greifen. Der Versicherungsschutz wäre dann ebenso futsch wie seine lukrative Pension in Höhe von mehr als 28 Millionen Euro.
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Doch auch ohne Verurteilung könnte es eng werden. Denn die Manager-Haftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) soll laut dpa maximal einen Schaden von 500 Millionen Euro abdecken. Peanuts im Vergleich zur Kostenlawine, die auf VW - und eventuell auch auf Winterkorn - zurollt.