Hüfners Wochenkommentar
"Der Abbau der Staatsschulden"
25. November 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Lange Zeit dachte ich, dass wir von der hohen Staatsverschuldung nie wieder herunterkommen würden. Das Maastricht-Kriterium, nach dem der Staat nicht mehr Kredite als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufnehmen darf, gehöre endgültig der Vergangenheit an. Wann hat es das je gegeben, dass der Staat Schulden zurückzahlt?
Umso mehr war ich überrascht, als ich jetzt auf eine Statistik stieß, die das Gegenteil belegt. Die Gesamtverschuldung der öffentlichen Hand in Deutschland, die im Jahre 2010 nach der großen Finanzkrise auf über 80 Prozent gestiegen war, liegt in diesem Jahr nur noch bei 71 Prozent. In den nächsten vier Jahren wird sie nach der Projektion der Bundesregierung auf 61 Prozent zurückgehen. Das ist nicht mehr weit von den 60 Prozent entfernt. Natürlich ist die Prognose mit Risiken verbunden, vor allem, wenn die Flüchtlingszahlen weiter ansteigen. Aber ganz unplausibel ist sie nicht.
Staatsverschuldung in % des BIP, Deutschland. Quelle: BMF
Lesen Sie auch
Diese Entwicklung ist in der Europäischen Währungsunion einmalig. Es gibt kein großes Mitgliedsland, das einen solchen Erfolg aufzuweisen hat. Im Euroraum insgesamt sind die Schulden sogar gestiegen, zuletzt auf 94 Prozent.
Wie kam es zu diesem Rückgang? Jeder denkt dabei zuerst an sparsame Haushaltspolitik. Sie spielte in der Tat eine wichtige Rolle. Die öffentlichen Defizite sind von 100 Milliarden Euro im Jahre 2010 auf die berühmte "schwarze Null" zurückgeführt worden. Das war freilich nicht allein der Sparsamkeit des Finanzministers zu danken. Hinzu kam der Rückgang der Zinsen, der die Zinsausgaben verringerte. Zudem sind die Steuern stärker als das Sozialprodukt gestiegen. Deutschland hat heute eine der höchsten Steuerquoten der Nachkriegszeit.
Aber Sparen ist nicht alles. Ein zweiter Grund ist das Wirtschaftswachstum. Der Staat hat per Saldo nicht Kredite zurückgezahlt. Er hat nur nicht mehr so viel neues Geld aufgenommen. Die Verschuldung ist langsamer gewachsen als das Bruttoinlandsprodukt. Derzeit betragen die Schulden der öffentlichen Hand immer noch über zwei Billionen Euro.
Ein dritter Grund ist, dass sich die Altlasten aus der Bankensanierung in der Finanzkrise verringerten. Die Bad Banks, mit denen die Regierung nach der Lehman-Pleite einige Banken rettete, haben Forderungen verkauft. Damit verringerten sich ihre Verbindlichkeiten und die Schuldenquote ging zurück.