Hüfners Wochenkommentar
"Der Abbau der Staatsschulden" - Seite 2
Insgesamt ist der Rückgang der Schuldenquote ein beachtlicher wirtschaftspolitischer Erfolg. Er beweist, dass hohe Staatsschulden nicht gottgegeben sind. Sie können, wenn man nur will und es entschlossen angeht, reduziert werden. Das ist auch ein Beispiel für andere Länder in der Währungsunion. Maastricht ist nicht unerreichbar. Es kann nach wie vor als Maßstab gelten.
Zudem: Eine solche Entwicklung stärkt das Vertrauen der Bürger in die Regierung. Das Standing des Landes an den internationalen Kapitalmärkten wird verbessert. Die Finanzpolitik hat bei niedrigeren Schulden mehr Spielraum, um auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren können. Das kommt uns gerade jetzt bei der Flüchtlingskrise zugute.
Andererseits hat die Rückführung der Staatsquote einen Preis. Wenn der Staat seine Haushalte in Ordnung bringt, dann verringert sich dadurch das Wirtschaftswachstum. Das war für Deutschland in den letzten Jahren tragbar.
In anderen Ländern mit niedrigerem Wachstum und höherer Arbeitslosigkeit wäre das ungleich schwieriger gewesen. Hinzu kommt, dass Sparen leicht zu Lasten der Investitionen geht. Es ist der Bereich, wo man die Ausgaben am leichtesten reduzieren kann. In Deutschland hat sich die Infrastruktur zuletzt spürbar verschlechtert. Straßen und Brücken wurden nicht mehr richtig in Stand gehalten. Die Bahn hat ständig Verspätung. An den Schulen fehlt es überall. Das verschlechtert die Lebensqualität.
Das heißt: Sparen und Rückführung der Schulden sind gut, sie sind aber für ein Land nicht alles. Es werden auch Investitionen gebraucht. Institutionen müssen reformiert, das Regelwerk der Gesellschaft an die veränderten Notwendigkeiten angepasst werden. Das wurde in Deutschland bei allem Fokus auf das Sparen vernachlässigt. Die letzte große Reform fand hier vor mehr als zehn Jahren statt. Spanien und Italien haben in den vergangenen Jahren mehr zur Modernisierung ihrer Strukturen getan. Deutschland ist international zurückgefallen.
Lesen Sie auch
So etwas kann man sich eine gewisse Zeit leisten. Aber wenn man nicht rechtzeitig umsteuert, kann es eines Tages kritisch werden. Deutschland war nach der Wiedervereinigung schon einmal in ein tiefes Loch gefallen. Es hat Jahre gedauert und war mit schmerzhaften Anpassungen verbunden. Das sollten wir vermeiden. Die britische "Financial Times" schrieb in der letzten Woche "Das deutsche ökonomische Modell braucht ein Upgrade".