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    EZB-Geldpolitik  6309  6 Kommentare Draghi-Bescherung? EZB-Chef liefert ein bisschen, doch die Enttäuschung ist groß

    Seit Jahren treibt die Geldflut der Notenbanken die Märkte. Dass das zumindest für die Eurozone so weiter geht, hatte EZB-Chef Mario Draghi bereits im Vorfeld angekündigt. Unklar war nur, in welchem Umfang und mit welchen weiteren Maßnahmen die expansive Geldpolitik der EZB fortgeführt wird. Vor der letzten EZB-Ratssitzung in diesem Jahr zeigten sich die wichtigsten europäischen Indizes freundlich. Die Finanzmärkte waren sich zuversichtlich, dass EZB-Chef Draghi die Erwartungen übertreffen werde. Doch hat er das?

    Viele Spekulationen im Vorfeld, aber was war das?

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    Es gibt wohl keinen Börsianer, dessen Blick am heutigen Nachmittag nicht in Richtung Frankfrut/Main gerichtet war. Nun ist Schluss mit den Spekulation. EZB-Chef Draghi wollte im Kampf gegen Deflation und für einen konjunkturellen Aufschwung Fakten schaffen. Das matraartig wiederholte Ziel sei eine mittelfristige Inflationsrate von nahe zwei Prozent. Und wie soll eine langfristige Preisstabilität erreicht werden? Bislang war die EZB nicht recht erfolgreich.

    Erstens wird der Leitzins bei einem Rekordtief von 0,05 Prozent und der Zinssatz zur Spitzenrefinanzierung bei 0,3 Prozent belassen. Marktakteure, die vorab auf eine Senkung des Leitzinses spekulierten, wurden enttäuscht. Die Enttäuschung sollte sich eine dreiviertel Stunde später zur EZB-Pressekonferenz noch vergrößern. Zweitens wird der Strafzins für Banken, die ihr Geld bei der EZB einlagern, von minus 0,2 auf minus 0,3 Prozent erhöht. Drittens, und darauf haben die Börsianer gewartet, wird das Ankaufprogramm der EZB bis zum März 2017 verlängert - statt bislang September 2016. Die Notenbank pumpt also mehr Geld in die Märkte. Aber viertens nicht genug, wie die Reaktion der Märkte zeigte. Denn der Umfang der monatlichen Aufkäufe bleibt bei 60 Milliarden Euro, wird also nicht erhöht. Fünftens, wird jedoch der Katalog der ankauffähgien Wertpapiere um regionale Anleihen erweitert.

    Die Märkte zeigen sich schockiert

    Der Markt reagierte ernüchtert: Das Erwartungspotenzial wurde nicht bestätigt. Viele Marktteilnehmer rechneten mit einer Erhöhung des Aufkaufvolumens auf mindestens 70 Milliarden Euro. Der Deutsche Leitindex gab im Laufe der EZB-Pressekonferenz um zwei Prozent nach. Die Gemeinschaftswährung Euro legte zu und stieg in der Spitze um gut drei Cent auf 1,0892 US-Dollar. Von einer vorweihnachtlichen Bescherung durch die Europäischen Zentralbank kann an den Märkten nicht die Rede sein. 

    Volkswirte wollen Ende lieber früher als später

    Volkswirte hingegen begrüßen die Entscheidung der EZB, das monatliche Volumen nicht auszuweiten. Kurz vor der EZB-Ratssitzung warnte unter anderem der deutsche Wirtschaftsweise Volker Wieland die EZB erneut eindringlich vor einer weiteren Lockerung ihrer Geldpolitik. "Die EZB sollte die Anleihekäufe nicht ausweiten", sagte der Geldpolitik-Professor Anfang Dezember der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Stattdessen sollte EZB "eher darüber beraten, das Programm zu begrenzen oder früher als geplant auslaufen zu lassen.“ Wieland ist Mitglied im Sachverständigenrat. Der Rat der fünf "Wirtschaftsweisen“ hatte bereits in seinem jüngsten Jahresgutachten die EZB vor einer weiteren Verschärfung ihres expansiven geldpolitischen Kurses gewarnt. Statt der quantitativen Lockerung sollte die Notenbank die Anleihekäufe bremsen. Denn die Konjunkturlage in Deutschland spreche eher für eine straffere Geldpolitik (mehr dazu hier).

    Politik verlässt sich zu stark auf EZB

    Der Ökonom und Wirtschaftsweise Peter Bofinger zeigte sich gegenüber dem „Tagesspiegel“ erfreut, dass die Europäische Zentralbank das monatliche Volumen der Anleihekäufe nicht weiter ausweiten: "Das hat mich freudig überrascht.“ Die Auswirkungen der EZB-Politik seien jetzt schon enorm. "Angesichts der niedrigen Zinsen sollte die Bundesregierung dringend über eine staatliche Förderung der Altersvorsorge zum Beispiel in Form größerer Freibeträge nachdenken", forderte Bofinger. Der Ökonom kritisierte zugleich, dass sich die Politik, was die wirtschaftliche Entwicklung angeht, viel zu stark auf die EZB verlasse. "Die Geldpolitik ist schon jetzt klar überlastet", sagte Bofinger. So könnten die Staaten die Wirtschaft ein Stück weit auch selbst ankurbeln - zum Beispiel durch höhere Investitionen in Bildung oder Infrastruktur.

    Der Ökonom Thomas Mayer übte im „Tagesspiegel“ dagegen deutliche Kritik an der EZB. Der frühere Chefökonom der Deutschen Bank kritisierte sowohl die Verlängerung des Anleihekaufprogramms als auch die Tatsache, dass die Notenbank nun fällig werdende Mittel reinvestieren will. Dadurch werde "der Druck auf die Staaten zur Konsolidierung ihrer Finanzen weiter sinken.“

    ifo-Chef Sinn kritisiert EZB als Bail-Out-Maschinerie

    Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn kritisiert die Ausweitung der EZB-Anleihekäufe. „Das QE-Programm hatte bereits gewaltige Dimensionen. In der Tat hat es dazu geführt, dass der Euro stark abwertete. Das ist alles, was die EZB braucht, um die europäische Wirtschaft mittelfristig zu inflationieren, wie sie es vorhat“, sagte Sinn am Donnerstag in München. „Noch mehr zu tun, ist angesichts der starken, bislang schon sichtbaren Effekte übertrieben. Es stärkt den Verdacht, dass es der EZB statt um Preisstabilität um die Rettung maroder Staaten und Banken geht.“ Das jedoch sei eine wirtschaftspolitische Zielsetzung, die nicht durch das Mandat der EZB gedeckt sei.

    Das Kommunikationsdesaster Draghis

    Die EZB hat ihre Kommunikationsstrategie im Vorfeld der heutigen EZB-Ratssitzung grob falsch gehandhabt, betonten die Analysten von Henderson Global Investors. So verwiesen EZB-Chef Draghi und weitere ungenannte Quellen auf eine Ausweitung der EZB-Geldpolitik, die weit über die heute verkündeten Maßnahmen hinausgingen. Es scheint, dass Draghi sich überschätzt habe und gegen eine Wand einer aus Deutschland angeführten Opposition gegenüber einer Ausweitung der expansiven Geldpolitik gelaufen ist. Zum einen wird hier die ökonomische Grundlage für eine Ausweitung des EZB-Programms angezweifelt und zum anderen der Transfer von Geldern der Core-Banken zu den Peripherie-Banken beanstandet.

     

    DAX-Intraday-Chart zum Zeitpunkt der EZB-Pressekonferenz

    EUR/USD-Chart zum Zeitpunkt der EZB-Pressekonferenz

     




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    EZB-Geldpolitik Draghi-Bescherung? EZB-Chef liefert ein bisschen, doch die Enttäuschung ist groß Seit Jahren treibt die Geldflut der Notenbanken die Märkte. Dass das zumindest für die Eurozone so weiter geht, hat EZB-Chef Mario Draghi bereits im Vorfeld angekündigt. Doch von einer vorweihnachtlichen Bescherung hatten sich die Märkte mehr erhofft.

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