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    Ölkartell in der Krise  5524  0 Kommentare Von wegen tot! Darum wird die OPEC mächtiger denn je zurückkehren

    Es sollte eine wegweisende Sitzung werden, doch sie endete ohne Ergebnis. Die Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) konnte sich in der vergangenen Woche nicht darauf verständigen, die Öl-Fördermengen zu begrenzen. Stattdessen gilt ab sofort: „Jeder macht, was er will“, wie der iranische Ölminister Bijan Namdar Zanganeh im Anschluss zu Protokoll gab.

    Die Reaktion auf den Märkten ließ nicht lange auf sich warten. Der Ölpreis brach weiter ein. Am Dienstag geschah schließlich das, was bis vor einem Jahr noch als unmöglich galt: Der Preis für ein Barrel der Marke Brent fiel unter 40 US-Dollar. Bei 39,81 US-Dollar erreichte der Preis ein Niveau, das zuletzt Anfang 2009 im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise erreicht worden war. Auch die Preise für die US-Sorte WTI fiel mit 36,36 US-Dollar auf den tiefsten Stand seit Februar 2009.

    Ölpreis (Brent) im Fünf-Tagechart

    Inzwischen konnten sich die Ölpreise zwar wieder etwas stabilisieren - WTI sogar um über vier Prozent-, an ein Comeback glaubt derzeit trotzdem niemand. Das liegt nicht zuletzt an dem fatalen Signal, dass die OPEC mit ihrer Entscheidungsohnmacht sendete. Jamie Webster, Ölanalyst bei IHS, brachte es auf den Punkt: „Viele Leute haben gesagt, die OPEC ist tot - und die OPEC selbst hat es bestätigt.” Entsprechend wird in diesen Tagen viel über das Ende des einst so mächtigen Ölkartells geschrieben, so auch bei wallstreet:online, siehe: „Die OPEC ist tot“ – Jetzt macht jeder, was er will.

    Die OPEC tot? Von wegen, meint dagegen Steve Brown von OilPrice.com. Er sagt: Die OPEC ist alles andere als tot. Im Gegenteil, das Ölkartell legt jetzt erst richtig los.

    Saudi-Arabien hat jetzt auch offiziell das Sagen

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    Während andere die Sitzung in Wien als Anfang vom Ende interpretieren, sieht Brown darin eher eine Art Befreiungsschlag. Mit der Entscheidung, keine Begrenzung der Fördermengen festzulegen, befreie sich das Ölkartell aus einem langjährigen Dilemma. Wozu Grenzen festlegen, wenn sich ohnehin keiner dran hält?

    „Ein massives Problem der OPEC seit Jahren ist die Aufteilung der Förderquoten unter den Mitgliedern“, schreibt Brown. Also wer darf wie viel produzieren, usw. Das festzulegen gestalte sich jedoch schwierig, wenn die einzelnen OPEC-Staaten bewusst falsche Angaben machten. Beispielsweise, indem sie ihre Produktionskapazitäten bewusst niedrig schrauben, um so einer möglichen Begrenzung zu entgehen. Doch genau solche Tricksereien führten laut Brown in der Vergangenheit dazu, dass eine offizielle Drosselung der Fördermengen allein von Saudi-Arabien geschultert werden musste. Drehte die OPEC den Ölhahn zu, so drehte ihn vor allem das Königreich zu, während alle anderen munter weiterproduzierten.

    Insofern ist das Ergebnis der letzten Sitzung für den Ölexperten in erster Linie ein „Eingeständnis, im Guten wie im Schlechten, dass die saudische Strategie zur offiziellen OPEC-Strategie geworden ist und die OPEC so viel Öl fördern wird (oder fördert), wie sie kann.“

    Kein Todesurteil, sondern eine Wiedergeburt

    Doch dieses Eingeständnis sei kein Todesurteil, sondern eine Wiedergeburt, meint Brown, denn: Dieser Schachzug eröffne dem Ölkartell die beste Möglichkeit herauszufinden, wie viel Öl die einzelnen Mitglieder tatsächlich fördern können. Somit könnte der Verzicht auf eine Festlegung der Fördermenge am Ende zum Vorläufer einer neuen Realität werden, basierend auf „echten“ Förderquoten. „Weitere sechs Monate mit niedrigen Ölpreisen sind vielleicht genug, um notorische Schwindler wie Venezuela oder Nigeria sowie weitere weniger disziplinierte Mitglieder davon zu überzeugen, wenigstens für eine Weile fair zu spielen, wenn die Saudis irgendwann einlenken und sagen ‚Es ist Zeit für neue Fördergrenzen‘.“

    Aus diesem Grund warnt Brown davor, das Ölkartell vorschnell abzuschreiben: Die OPEC sei nicht tot, sie bereite sich vielmehr auf eine neue und vielleicht effektivere Phase ihrer Existenz vor.




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    Ölkartell in der Krise Von wegen tot! Darum wird die OPEC mächtiger denn je zurückkehren Experten sagen, die OPEC habe sich bei ihrer letzten Sitzung selbst zu Grabe getragen. Aber ist das Ölkartell wirklich tot? Keineswegs, meint dagegen Steve Brown. Die OPEC sei alles andere als tot. Im Gegenteil, die OPEC lege jetzt erst richtig los.

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