DAX Profits Analyse
Falsche Geldpolitik: Guten Rutsch in die US-Rezession
kürzlich fragte mich ein Leser, warum ich die Zinsanhebung der US-Notenbank in der vergangenen Woche so kritisch sehe. Schließlich würde es doch kaum einen Unterschied machen, ob die Zinsen bei nahe Null oder einen Viertel Prozentpunkt höher stünden. Gegenfrage: Wenn Sie einen Zentimeter von einem gewaltigen Abgrund entfernt stehen, macht es da einen Unterschied, ob Sie einen viertel Meter weiter vorn stehen? Ich denke, ja.
Das Problem ist, dass die wichtigsten US-Wirtschaftsdaten – zumal jene mit Zukunftsbezug - bereits seit geraumer Zeit einen ernsten Abschwung anzeigen. In dieser angespannten Situation wäre geldpolitische Unterstützung dringend angezeigt, anstatt sich weiter an leidlich gut aussehenden Daten mit Vergangenheitsbezug oder Nachlaufcharakter (BIP, Arbeitsmarktdaten) zu ergötzen. Doch das Gegenteil ist passiert: geldpolitische Straffung. Bereits ohne Rückenwind durch die Notenbank ist es nur eine Frage der Zeit, bis die US-Wirtschaft in die Rezession stolpert. Mit dem zuletzt aufgebauten Gegenwind jedoch geht die Sache erheblich schneller. Guten Rutsch!
Schauen Sie sich einmal nur die US-Konjunkturdaten der letzten Tage an:
Chicago Fed National Activity Index im November bei -0,30 (Erwartung: +0,10 nach -0,17 zuvor/ revidiert von -0,04) – Abschwung verschärft sich.
Philadelphia Fed Index Dezember -5,9 Punkte nach +1,9 zuvor (Erwartung +1,0 Punkte) – Abschwung verschärft sich.
Markit Einkaufsmanagerindex Verarbeitendes Gewerbe USA im Dezember bei 51,3 Punkten (Erwartung 52,7 Punkte nach 52,8 Punkten zuvor) – Index mit deutlichem Rückgang und unter den Prognosen, anfällig für (Abwärts-)Revisionen, da vorläufiger Wert. Der renommierte ISM-Einkaufsmanagerindex mit ähnlicher Aussage war zuletzt schon deutlich unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten gesackt (November-Wert: 48,6 Punkte).
Nach einem Jahr Siechtum und anschließend mehreren Monaten Talfahrt ist kein Ende des US-Abschwunges in Sicht. Die Sorge der US-Notenbank, eine zu lange geldpolitische Lockerung könnte irgendwann einmal urplötzlich zu Inflation führen, ist durchaus berechtigt. Doch die zuletzt vorgenommene geldpolitische Mini-Straffung würde diese nicht verhindern. Stattdessen beschleunigt diese den Abstieg in die Rezession. Man hätte diese Straffung bereits Ende 2013 vornehmen sollen, als die BIP-Wachstumsraten bei 4 Prozent lagen statt (wie jetzt) unter 2 Prozent. Stattdessen hat man es seinerzeit bei langatmigen Ankündigungen belassen. Um die Zügel nun doch schnell, noch zu straffen, obwohl der Zug längst abgefahren ist. Kurzum: die üblichen Fehlentscheidungen der US-Notenbank, wie wir sie aus den Jahren 2000 und 2007 kennen.
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In meinen Börsendiensten bereiten wir uns daher auf ein turbulentes Börsenjahr 2016 vor.
Herzliche Grüße,
Ihr Henrik Voigt.
Chefanalyst DAX Profits / Voigt-Brief
Offenlegung gemäß §34b WpHG wegen möglicher Interessenkonflikte: Der Autor ist in den besprochenen Wertpapieren bzw. Basiswerten dieser Ausgabe investiert
P.S.: Die Wirtschaftsdaten aus Deutschland sehen derzeit deutlich besser aus als die aus den USA. Wie lange das angesichts einer möglichen US-Rezession und Haushaltsbelastungen von bis zu 50 Mrd. Euro pro Jahr aus der Flüchtlingskrise noch der Fall sein wird, können Sie sich leicht vorstellen. Der Aufschwung endet schneller als Merkel das Wort „Haushaltsüberschuss“ (ruhe in Frieden) buchstabieren kann.
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