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    Neue Enthüllungen  5346  0 Kommentare Profit vor Leben! Das steckt hinter den dreisten Preiserhöhungen bei Medikamenten

    Medikamente dienen dem Wohl der Patienten? Falsch! Sie dienen offenbar vor allem dem Wohl der Aktionäre. Dokumente legen offen, was wirklich hinter den aufsehenerregenden Preiserhöhungen von Valeant, Turing und Co. steckt: Profit, Profit und nochmals Profit.

    Im August 2015 erwarb das Pharmaunternehmen Turing Pharmaceuticals für 55 Millionen US-Dollar die Rechte an Daraprim, einem 62 Jahre alten Medikament gegen die Infektionskrankheit Toxoplasmose, die im schlimmsten Fall tödlich enden kann. Eine echte Alternative für Daraprim gibt es nicht, die meisten Betroffenen sind auf das Medikament angewiesen.

    Umso größer war die Empörung, als Turing quasi über Nacht den Preis des Medikaments erhöhte – und zwar um mehr als 5.000 Prozent. Statt 13,50 US-Dollar kostet eine Pille seither 750 US-Dollar. Fast noch empörender als die Preissteigerung an sich war jedoch das Auftreten des damaligen Turing-Chefs Martin Shkreli. Dieser echauffierte sich öffentlich darüber, dass Daraprim zuvor praktisch umsonst hergegeben wurde und der Preis für eine lebensrettende Behandlung „nur“ bei 1.000 US-Dollar lag (Mehr dazu hier: 5.000 Prozent! Wenn Leben Retten zu billig ist – Pharmachef dreht an Preisschraube).

    „Ein sehr hübsches Investment“

    Den Vorwurf, die Preiserhöhung sei Teil der Geschäftsstrategie von Turing, wies Shkreli vehement zurück. Es sei „nur fair, dass wir Profit machen und dieses Geld nehmen, um es zurück in die Hände der Patienten zu geben“, so der damalige Turing-Chef, der mittlerweile wegen Betrugsvorwürfen zurücktreten musste (Mehr dazu hier). Elijah E. Cumming, Mitglied im US-Repräsentantenhaus und Mitglied eines Untersuchungsausschusses wegen diverser Preiserhöhungen, auch anderer Pharmaunternehmen, veröffentlichte nun mehrere Dokumente, die das Gegenteil beweisen sollen, berichtet die „New York Times“. Demnach ging es Turing sehr wohl einzig und allein um den Profit.

    „Also, bei 5.000 zu zahlenden Flaschen beträgt der neue Preis 375.000 US-Dollar – nahezu alles davon ist Profit und ich denke, wir werden drei Jahre davon bekommen oder mehr“, schrieb Shrekli dem Bericht zufolge in einer E-Mail im vergangenen August, als Turing die Rechte an Daraprim kaufte. Weiter heißt es: „Das sollte ein sehr hübsches Investment für uns alle werden. Drücken wir die Daumen, dass die Schätzungen zutreffend sind.“ Turing erhoffte sich durch die Preissteigerung mit Einnahmen in Höhe von mindestens 200 Millionen US-Dollar. Einen Monat später soll Tina Ghorban, eine Abteilungsdirektorin bei Turing, eine Bestellung über 96 Flaschen Daraprim mit den Worten weitergeleitet haben: „Weitere 7,2 Millionen US-Dollar. Pow!“

    Turing kein Einzelfall – Auch Valeant dreht an Preisschraube

    Außerdem finden sich laut „NYT“ in den 250.000 Seiten, die Turing dem US-Kongress zur Verfügung gestellt hat, Hinweise, wonach Patienten ein Eigenbeitragsanteil von bis zu 16.800 US-Dollar in Rechnung gestellt wurde. Dabei hatte Shkreli stets versichert, Turing werde notfalls einen Teil der Kosten übernehmen und dafür sorgen, dass jeder Patient, der auf Daraprim wirklich angewiesen sei, das Medikament auch bekomme. In einem Statement im November teilte Turing mit, das Unternehmen habe damit begonnen, Krankenhäusern, die „große Mengen an Daraprim nutzen“, einen Preisnachlass von bis zu 50 Prozent zu gewähren. Klingt nett, trotzdem entsprechen 375 US-Dollar pro Tablette immer noch eine Preissteigerung von über 2.500 Prozent.

    Turing ist aber bei Weitem nicht das einzige Pharmaunternehmen, welches Preissteigerungen als profitables Geschäftsfeld entdeckt hat. Auch andere Unternehmen drehten zuletzt gehörig an der Preisschraube. Eines davon ist Valeant. Neben dem „Spiderman-Crash“ sorgte Valeant mit Preiserhöhungen von 525 Prozent für das Medikament Isuprel sowie 212 Prozent für Nitropress für Aufsehen. Wie die Unterlagen zeigen, stand auch hier die Gewinnmaximierung im Vordergrund.

    Externer Berater empfahl „aggressive Preisgestaltung“

    Demnach war es ein wohlüberlegter Schritt, die Preise für die beiden Medikamente anzuheben. Valeant soll im Vorfeld eigens einen Preisberater engagiert haben, um auszuloten, wie weit man gehen könne. Auf Basis dieser Erkenntnisse erhoffte sich Valeant „durch eine aggressive Preisgestaltung“ eine Umsatzsteigerung von 153 auf 525 Millionen US-Dollar. Und die neue Preispolitik schien sich durchaus bezahlt zu machen. Einer E-Mail von Howard B. Schiller, damals Finanzchef, heute Interims-CEO bei Valeant, zufolge seien 60 Prozent des Unternehmenswachstums im ersten Quartal 2015 allein auf die Preissteigerungen zurückzuführen.

    Nähere Details wird Schiller dann wohl am heutigen Donnerstag offenlegen müssen, wenn er vor dem Untersuchungsausschuss des US-Kongresses aussagt. Für diesen ist im Übrigen auch Martin Shrekli geladen. Doch ob dieser ebenfalls aussagen wird, ist mehr als fraglich. Mehr dazu hier: Skandal-Pharmachef pöbelt gegen US-Kongress - "Das ist politische Schikane!"

    Update: Martin Shrekli macht, wie erwartet, von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch.



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