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    Marktkommentar  1599  0 Kommentare Monica Defend (Pioneer): Öl, China und die Zentralbanken

    Weisen die Turbulenzen im Januar auf eine Verschlechterung der Weltwirtschaft hin?

    Wir sehen derzeit kein fundamentales Risiko einer Verschlechterung der Wirtschaftslage. Das weltweite BIP wächst, wenn auch ungleichmäßig und weniger stark als möglich. Die Inflationsdynamiken werden größtenteils von den Ölpreisen beeinflusst, und die Zentralbanken sind nach wie vor proaktiv und unterstützend. Wir müssen jedoch anerkennen, dass die gesamtwirtschaftliche Lage und die Stabilitätsbedingungen anfällig bleiben, während wir in den USA bei den Unternehmensgewinnen am Ende des Zyklus sind. Die Finanzmärkte sind Unwägbarkeiten ausgesetzt, die ein tieferes Unbehagen angesichts der Abhängigkeit von politischen Entscheidungen widerspiegeln. Insbesondere China bereitet hier den Märkten die größten Sorgen. Wir sind uns des Risikos politischer Fehlentscheidungen bewusst, bleiben aber bei China konstruktiv und beobachten die politische Entwicklung genau.

    Welche Folgen haben die niedrigen Ölpreise, und was wird uns das Jahr 2016 bringen?

    Grundsätzlich sind niedrige Ölpreise für Wirtschaft und Aktienmärkte positiv. Um aber hier wirklich den Durchblick zu haben, bedarf es unseres Erachtens einer Erforschung der Ursachen, des Ausmaßes und der Dauer des Preisschocks vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschafts- und Marktbedingungen. Die heutige Ölpreisentwicklung beruht unseres Erachtens hauptsächlich auf dem Auseinanderklaffen von Angebot und Nachfrage und dem entsprechenden Überangebot. Ein weiterer Grund für die sinkenden Preise ist, zumindest derzeit, auch das langsamere Wirtschaftswachstum. Welche Auswirkungen der Ölschock letztendlich auf die Wirtschaft hat, hängt von der Art des Ölschocks ab. Bei einem (historisch gesehen seltenen) angebotsbedingten Schock besteht im Durchschnitt eine negative Korrelation mit der Wirtschaft. Somit wirkt sich ein niedrigerer Ölpreis langfristig positiv auf das Wachstum aus. Bei einem nachfragebedingten Schock hingegen ist die Korrelation positiv. Die anhaltend sinkenden Ölpreise haben uns zu einer Korrektur unserer Inflationsprognose für 2016 gezwungen: nur noch 1,5 % für die USA und 0,8 % für die Eurozone und Japan. Wir rechnen nicht mit einer globalen Deflation: Wenn wir die Energiekomponente außer Acht lassen, deutet fast alles auf eine moderate Inflation hin. Wir sehen allerdings einen steigenden Handlungsbedarf für die Zentralbanken angesichts einer wachsenden Diskrepanz zwischen tatsächlicher und angestrebter Inflationsrate, einem fragilen Wirtschaftswachstum und turbulenten Finanzmärkten. Nicht gerade eine perfekte Welt. Die Ölpreise sind nicht der einzige Beleg für die Fragilität des Wirtschaftsumfelds. Sollte sich jedoch unsere These eines angebotsbedingten Schocks bewahrheiten und der Ölpreis sich mittelfristig wieder einpendeln, scheint eine positive Reaktion des Aktienmarkts wahrscheinlich. Unterdessen dürfte der stark von Energietiteln geprägte High-Yield-Markt unter Druck bleiben.

    Wie beurteilen Sie die Emerging Markets?

    Wir betrachten die Emerging Markets lieber individuell als einzelne Länder, da es hier große Unterschiede gibt, besonders in den letzten drei Jahren. Die schwache Rohstoffkonjunktur war für die meisten dieser Länder besonders schädlich, aber wir rechnen für 2016 mit einer geringfügigen Verbesserung. Wir interessieren uns weiterhin für jene Länder, die sich glaubhaft um die Neuausrichtung ihrer Volkswirtschaften, die Verbesserung ihrer Wirtschaftslage sowie Stabilisierung und eine geringere Anfälligkeit für externe Bedrohungen bemühen. Indien und Indonesien sind unseres Erachtens auf dem richtigen Weg und haben den politischen Handlungsspielraum, um etwaigen externen Risiken entgegenzutreten. Insgesamt bleibt die Ungewissheit in diesem Bereich groß und der Ausblick hängt zum großen Teil von China ab. Die Vorhersage einer Rezession überzeugt uns nicht, aber das Risiko politischer Fehlentscheidungen ist uns bewusst. Was im August 2015 mit dem Renminbi passierte, war in dieser Hinsicht bezeichnend: Die Liberalisierung der Finanzmärkte ist ein Eckpfeiler des Wandels der chinesischen Wirtschaft und leider kann es dabei auch zu solchen Ereignissen kommen. Die Daten belegen: Die Wirtschaft kommt wieder ins Gleichgewicht. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass Chinas wirtschaftliche Partner noch nicht für einen weiteren Rückgang der Aktivität in ihrem traditionell zuverlässigsten Absatzmarkt gewappnet sind.

    Wie beeinflussen die Marktturbulenzen den Ausblick für die Industrieländer?

    Die Instabilität der Märkte liegt an einer Kombination aus makroökonomischen und technischen Faktoren, die mehrheitlich mit China zu tun haben. Zwar konnten wir dank der anhaltend tiefen Ölpreise unsere Inflationsprognosen drastisch nach unten korrigieren, doch dramatische Änderungen unseres Szenarios sehen wir nicht und rechnen weiter mit einem wachstumsschwachen Lowflation-Umfeld, wobei die Strategien der Zentralbanken als Katalysatoren fungieren sollten. Wir sind uns der steigenden Abwärtsrisiken bewusst und sichern daher unseren Investment Case im Hinblick auf Extremrisiken ab. Momentan beobachten wir die aktuellen Gewinnmeldungen ganz genau und versuchen, uns so ein umfassendes Bild des gesamtwirtschaftlichen Hintergrundes zu machen.

    Was sind im aktuellen Marktszenario die Multi-Asset-Themen?

    Trotz der jüngsten Verkaufswelle bleiben wir relativ optimistisch. Nichtsdestoweniger rechnen wir mit einer weiterhin hohen Marktvolatilität, wobei die Nachrichten aus China, von den Zentralbanken und aus den Schwellenländern viel ausmachen könnten. Wir haben das Jahr vorsichtig begonnen und Risikoanlagen abgesichert. Dessen ungeachtet müssen die Zentralbanken angesichts des derzeitigen Marktszenarios wachsam und proaktiv bleiben. Die Divergenz in der Geldpolitik dürfte unseres Erachtens andauern. Die Zentralbanken werden bei Bedarf bei einem akkommodierenden Ansatz bleiben. Wir rechnen mit einer allmählichen Erhöhung der Zinssätze durch die Fed je nach Datenlage. Dies wird wohl einen stärkeren US-Dollar mit sich bringen, ein Thema, das wir gegen andere wichtige Währungen spielen werden. Die unterschiedlichen Geldpolitiken und ein besserer Ausblick für Gewinnmargen und -wachstum in Europa sprechen außerdem für eine Bevorzugung europäischer Aktien gegenüber US-Aktien. Bei japanischen Aktien bleiben wir konstruktiv und beobachten zugleich die Gewinne, um unsere weitere Positionierung zu evaluieren. In den Schwellenländern gilt es in erster Linie selektiv vorzugehen. Wir bevorzugen Länder wie Indien, die ausreichend Handlungsspielraum und Glaubwürdigkeit für eine Anpassung und Neuausrichtung ihrer Volkswirtschaften haben. Was Erträge betrifft, sehen wir Chancen im Credit-Markt.




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    Verfasst von Asset Standard
    Marktkommentar Monica Defend (Pioneer): Öl, China und die Zentralbanken Interview mit Monica Defend, Head of Global Asset Allocation Research: Der niedrige Ölpreis dürfte sich langfristig positiv auf das Wachstum auswirken.