US-Börsenparty
Trügerische Rally - Rekordfahrt des S&P500 sollte Anleger schwer ins Grübeln bringen
Nach einem einjährigen Seitwärtstrend ist der S&P500 auf neue Rekordhochs ausgebrochen. Die Bewertung ist damit so hoch wie selten zuvor. Aber nicht nur darüber sollten die Investoren nachdenken.
Die Party an den US-Börsen läuft auf Hochtouren: Der S&P500 eilt von Rekord zu Rekord und nichts scheint die Fahrt aufhalten zu können. Jedenfalls nicht die schwächelnden Gewinnschätzungen. Dabei sollen laut den Berechnungen der US-Researchfirma FactSet die Profite der Unternehmen aus dem S&P500 im laufenden Jahr lediglich 118,66 Indexpunkte erreichen. Dass die Schätzungen seit Jahresanfang kräftig gesenkt wurden, muss nicht extra erwähnt werden. Damit würden die Ergebnisse das zweite Jahr in Folge auf dem Vorjahresniveau stagnieren, nach 116,7 Punkten für 2014 und 117,9 Punkte für 2015. Wenn man Finanzprofis Glauben schenken darf, dann setzen die Investoren darauf, dass die Gewinne im nächsten Jahr geradezu explodieren werden auf 134,5 Punkte. Das wäre ein Plus von 13,5 Prozent.
Woher der Optimismus der Analysten kommt, angesichts der Tatsache, dass Organisationen, wie der Internationale Währungsfonds (IWF), die OECD oder die Weltbank, ihre Prognosen für das Wachstum der Weltwirtschaft immer weiter senken, bleibt das Geheimnis der Analysten. Dennoch marschiert der S&P500 von Rekord zu Rekord. Auf Basis der Gewinnschätzungen der nächsten 12 Monate – eine für Analysten und Investoren sehr wichtige Kennzahl - ist der Index damit mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 17,1 bewertet. Das ist eine extrem hohe Bewertung, wie es sie beispielsweise auch im Jahr 2002 gegeben hatte. Bei den Gewinnschätzungen für die nächsten 12 Monate wird jetzt gegen Ende Juli das Jahr 2016 mit etwas mehr als 5 Monaten und 2017 mit etwas weniger als 7 Monaten gewichtet.
Finanzprofis setzen auf Helikoptergeld
In welch luftigen Höhen der S&P500 derzeit schwebt, zeigt auch noch eine andere Kennzahl: Der Abstand zur 50-Tage-Linie. Demnach liegt der S&P500 um fast 3 Standardabweichungen über dem 50-Tage-Schnitt. Ist das viel? Vereinfacht gesagt: Das ist mächtig viel. Ein derart hoher Abstand deutet klar auf eine kurz- oder mittelfristige Korrektur hin. Da die immer weiter sinkenden Gewinnschätzungen nicht der Antreiber für die Hausse beim S&P500 sein können, was ist es dann? Die Aussicht auf Helikoptergeld, was sonst?. Laut der neuesten Fondsmanagerumfrage der Bank of America Merrill Lynch gingen zuletzt 39 Prozent der Befragten davon aus, dass eine der großen Notenbanken in den nächsten 12 Monaten Helikoptergeld einführen wird. Das ist ein starker Anstieg gegenüber dem Wert des Vormonates von 27 Prozent. Der Wert sollte schon sehr bald die Marke von 50 Prozent überspringen.
Wieso Helikoptergeld nicht nur den S&P500, sondern den weltweiten Aktienmarkt beflügelt, können Sie in dem Beitrag „Anflug von Helikoptergeld in Japan treibt DAX & Co.“ nachlesen. Viele der in der Umfrage befragten Fondsmanager trauen dem Braten aber offensichtlich nicht ganz, haben sie sich doch verstärkt mit Optionen gegen einen Kursrückgang abgesichert. Ein weiterer Indikator sollte Anleger ebenfalls Grund zum Nachdenken geben: die Marktbreite. Während der S&P500 am Rekordhoch notiert, haben zuletzt nur 3,6 Prozent der Unternehmen aus dem Index ein neues 52-Wochen-Hoch markiert. Der Index wird also von wenigen Schwergewichten immer weiter nach oben getrieben, während der breite Markt längst nicht hinterherkommt. Lesen Sie auch: "Helikoptergeld nährt perverse Anreize, die Wirtschaft und Gesellschaft lähmen"
Warnsignale beachten
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Wie dürfte sich eine größere Korrektur beim S&P500 rechtzeitig andeuten? Üblicherweise schwächeln zuerst die Small Caps, also Unternehmen mit einem kleinen Börsenwert, wie jene aus dem Russell 2000, weil Investoren in unsicheren Zeiten Geld in die Large Caps (großer Börsenwert) umschichten, weil diese Aktien weniger schwanken. Gleichzeitig schichten Investoren Geld in defensive Werte, also Unternehmen aus Branchen mit relativ stabilen Geschäftsmodellen, und mit hohen Dividendenrenditen um. Das zeigt eine Flucht in Sicherheit an. Genau das ist zuletzt teilweise passiert.
Wegen der Aussicht auf Helikoptergeld könnte die Hausse beim S&P500 – trotz der extrem hohen Bewertung - zwar noch etwas weitergehen. Ehe Anleger aber auf den fahrenden Zug beim S&P500 aufspringen, sollten sie etliche wichtige Dinge im Hinterkopf behalten.