Der ISM-Index von August und andere Merkwürdigkeiten - Seite 3
Kein Thema für die Briten, also auch nicht für die Deutschen - Brexit
In gewisser Weise macht das sogar Sinn. Das schwache Pfund bedeutet für britische Exporteure einen handfesten Vorteil: Ihre Produkte werden im Ausland billiger. Ist es also gar nicht die Sorge vor dem Brexit, die den ifo-Index einbrechen ließ, sondern haben die deutschen Unternehmen einfach nur Angst vor der britischen Konkurrenz?
Das wiederum ist sehr unwahrscheinlich. Trotz langer Tradition ist die britische Fertigungsindustrie längst nicht mehr so leistungsfähig wie die deutsche. Zudem sind deutsche Firmen immer noch geschätzte Zulieferer in Großbritannien. Und wenn dort nun wieder das Geschäft brummt, dann sollten auch deutsche Unternehmen davon profitieren. Die vermeintlichen oder tatsächlichen Folgen des Brexit können also kein Grund für den schwachen ifo-Index sein. Da es jedoch ein umfragebasierter Index ist, spielt hier sicherlich die Psychologie eine entscheidende Rolle.
„Wellblechkonjunktur“ - das neue Phänomen
Diese ist wohl der Hauptgrund, warum wir immer wieder so starke und unerklärliche Schwankungen von ISM, ifo und Co. sehen. Zusätzlich verstärkt wird dieser Einfluss durch die sogenannten „Wellblechkonjunktur“, die seit geraumer Zeit in etlichen entwickelten Ländern zu beobachten ist. Darunter verstehen Ökonomen, dass die früheren stark ausgeprägten Konjunkturzyklen – der klare Wechsel zwischen Wirtschafts-Boom und Rezession – abnehmen und dafür kleinere, aber schnellere wirtschaftliche Schwankungen zu beobachten sind.
Diese schlagen sich dann auch in den Umfragewerten der Unternehmen wieder. So sind im ISM-Index – dessen Historie immerhin bis 1948 zurückgeht – die Ausschläge seit den 1980er Jahren deutlich zurückgegangen (siehe folgender Chart).
(Quelle: Institute for Supply Management)
Die 60-Punkte-Marke z.B., die in früheren Jahrzehnten im Aufschwung regelmäßig überschritten wurde, ist mittlerweile fast eine No-Go-Area für den ISM-Index geworden (siehe grüne Linie). Und seit dem Jahrtausendwechsel haben Rücksetzer unter die 50-Punkte-Marke außerhalb von Rezessionen (grau schattierte Zeiträume) Seltenheitswert. Auch das war in früheren Zyklen deutlich anders.
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Noch auffallender ist dieses Verhalten im Markit PMI für die Eurozone:
(Quelle: investing.com)
Natürlich führten die Finanzkrise und auch die Euroschuldenkrise ab 2011 zu starken Ausschlägen der Unternehmensstimmung. Aber seit 2015 dümpeln die Werte einfach nur dahin, seit mehr als einem Jahr sogar in einer extrem engen Spanne (gelbes Rechteck). Belastbare Prognosen lassen die Werte daher kaum noch zu – wir sehen nur noch ein Art „Rauschen“. (Passend dazu sind seitdem übrigens auch die Aktienindizes tendenziell in eine Seitwärtsphase übergegangen.)