checkAd

     3526  0 Kommentare Dinge, die es nicht gibt

    Unser Leben wird regiert von lauter Dingen, die sich in der Wirklichkeit kaum finden lassen: dem Guten, der Freiheit, dem Paradies oder auch nur einem niedrigen Blutdruck.

     

    In der letzten Woche sind die Blutdruckwerte der beiden Kandidaten für die US-Präsidentschaft veröffentlicht worden. Danach hat Clinton 100/65 und Trump 116/70. Normalerweise kommt so ein niedriger Blutdruck nur bei pubertierenden Mädchen und Scheintoten vor.

     

    Doch wenn auch alles andere gelogen ist, würde es ja komisch aussehen, wenn man hier die realen Werte veröffentlicht hätte.

     

    Und während derzeit in Aleppo das letzte Gute im Menschen stirbt, wird es auch mit dem Paradies immer verzwickter. Denn Ruhe und Erbauung kann man zumindest in keinem irdischen Paradies mehr finden, seitdem sich jeder aufmachen kann, sich ebenfalls dorthin zu begeben, so dass es dort mittlerweile voll und laut ist wie in einer Großstadt.

     

    Hier singt dann die Band „Feine Sahne Fischfilet“: „Niemand muss Bulle sein ...“ Da haben sie Recht, aber nur, wenn sich das auf den Einzelnen bezieht. Es ist dabei wie im Aktienmarkt: Der Einzelne kann jederzeit verkaufen / muss nicht Bulle sein, in der Gesamtheit jedoch brauchen wir genauso eine bestimmte Anzahl von Polizisten wie alle Aktien jemandem gehören müssen.

     

    Ein bisschen hat das etwas mit dem herbstlichen „Blätterparadoxon“ zu tun, dass ich diese Woche entdeckt habe: Zuerst habe ich immer alle Blätter, die vom Baum kamen, täglich weggefegt. Da hatte ich das Gefühl, es würden extrem viele Blätter fallen. Seit ich sie jedoch liegen lasse, habe ich den Eindruck, es kommen gar keine mehr herunter.

     

    Das einzelne Blatt verschwindet also in der Masse, genau wie der einzelne Mensch, als Konsument wie als Terrorist. Wer kein Geld hat, ist über jeden Euro dankbar, wer hingegen reich ist, merkt weitere Geldzuflüsse gar nicht mehr.

     

    Und so geht es weiter, bis selbst das letzte Paradies kein Paradies mehr ist. Doch dann beginnt plötzlich etwas ganz Neues und Aufregendes.

     

     

     


    Bernd Niquet
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Bernd Niquet
    Dinge, die es nicht gibt Und wie sie doch unser Leben bestimmen