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    Crowdinvesting  9120  0 Kommentare „Stupid Money“ und „Micro-Angel“

    Vor zwei Jahren lag diesseits der erste Artikelentwurf mit dem Titel „Crowdinvesting - quo vadis?“ vor. Das neue Thema schien auf dem Scheideweg, es gab vielversprechende Entwicklungen. Die Gespräche mit einigen Plattformen verliefen aber weniger erfreulich als erwartet. Das Geschäftsmodell wurde unrealistisch beschrieben. Hinsichtlich der versprochenen Effekte und Kostenvorteile war man seiner Zeit bestenfalls voraus. Vor allem einige Angaben zu den Vertriebsprovisionen konnten einfach nicht stimmen. Für einen konstruktiven Umgang mit dem Thema war es noch zu früh. Die jungen Unternehmen benötigen Reichweite und Kunden um das Geschäftsmodell erfolgreich zu entwickeln. Auf dem Weg dorthin wurden Fehler gemacht. Vor allem in der Kommunikation in Bezug auf das Chancen- und Risikoprofil, sowie bei den Kostenvorteilen. Hieraus resultiert aktuell zu Recht Unbill.

    Eines vorweg: „Crowdinvesting“ bzw. das direkte und einfache Ermöglichen von Investitionen, durch Micro-Investoren, über automatisierte Prozesse im Internet, gehört zu unserer Zukunft wie das Internet selbst. Und, das ist durchaus zu begrüßen.
     
    Wesentliche Kritikpunkte sind:
     
    Kritik an der Darstellung von Erfolgschancen und Rendite
     
    Im Bereich der Start-Up Finanzierung wurde lange nicht offen darüber gesprochen, dass ein Scheitern viel wahrscheinlicher ist als das rasante Wachstum zu einem Multi-Millionen Unternehmen. Start-Ups sind der Versuch ein Geschäftsmodell zu etablieren. Investoren müssen das Geschäftsmodell beurteilen können, ebenso wie die Kompetenz und Zuverlässigkeit der Gründer und natürlich auch den Vertrag auf den sie sich einlassen. Analysen erfahrener Anleger oder von Journalisten und Bloggern können hierbei helfen. Sich von der Meinung Dritter abhängig zu machen, setzt aber ebenfalls voraus die Qualität der Argumente abwägen zu können. Wem das zu viel Aufwand ist und wer generell lieber Bauchentscheidungen trifft, sollte sich auf Produkte und Dienstleistungen konzentrieren die er selbst nutzen und empfehlen möchte. Unternehmen und Plattformen die ihre Micro-Investoren auch mit Blick auf die Reichweite und Vermarktung ansprechen und dieses Weiterempfehlungsmarketing auch aktiv und vor allem mit Geschick fördern, profitieren von der Crowd. Das Angebot eines festverzinsten Darlehens mit jährlicher Auszahlung an ein Start-Up ist hingegen absoluter Unsinn. Sie kriegen zwar mehr Zinsen als auf dem Sparbuch aber in den meisten Fällen Ihren Einsatz nicht zurück. Solange das Start-Up mit finanzieller Unterstützung wächst sind Zinszahlungen lediglich Umschuldungen. Diese kosten Geld und schwächen damit die Finanzierungsstruktur und stellen so ein zusätzliches Risiko dar. Wichtig ist also, dass Investoren am Erfolg beteiligt sind und diesen bestenfalls auch noch unterstützen. Dies muss auch für den Fall weiterer Finanzierungsrunden geregelt sein. Darlehen die vorzeitig zurückgezahlt werden können, bieten dem Investor kaum eine Chance auf die benötigte Rendite.
     
    Kritik an der Darstellung von Kostenvorteilen gegenüber anderen Kapitalanlagen
     
    Kapitalanlagen für Privatinvestoren sind in der Regel mit vielen Kosten verbunden. Kauft man sich eine Wohnung gibt es Makler, meistens Grunderwerbsteuern und zumindest den Notar, der in jedem Fall zu zahlen ist. Über die Jahre summieren sich dann Grundsteuern, Steuern und Versicherungen, sowie weitere Kosten und letztendlich muss die Immobilie dann auch noch wieder verkauft werden um beurteilen zu können wie erfolgreich die Kapitalanlage war. Festhalten kann man also, dass alles mit Kosten verbunden ist und dass daran kein Weg vorbeiführt. Die nun neu regulierte Branche der „geschlossenen Fonds“ ist wegen hoher Nebenkosten in die Kritik geraten. Teilweise weil sich Emittenten und Vertriebe wirklich unangemessen bedient haben, überwiegend aber weil das Verschweigen der Vertriebsprovisionen zu vielen erfolgreichen Klagen und Rückabwicklungen geführt hat. Hierrüber wurde das Anlagevehikel dann vielerorts als „zu teuer“ deklariert. Diese Diskussion haben viele Crowdinvesting-Vermarkter für sich genutzt und erklärt, dass es im Crowdinvesting keine solchen Kosten gäbe. Richtig ist, dass sich über ein prospektfreies Nachrangdarlehen und den Vertrieb über das Internet viele Kosten sparen lassen. Die Kostenstruktur entscheidet weiterhin auch häufig über den Erfolg eines Investments. Insofern ist dies zu Recht ein Argument. Leider wurden und werden diese Kosten auch bei den Plattformen häufig nicht oder sogar falsch dargestellt. Denn auch im Crowdinvesting liegen die Kosten nicht unbedingt unter denen der kritisierten Fonds. Überwiegend werden Vertriebskosten zwischen fünf und zehn Prozent auf das Investitionsvolumen berechnet. Hinzukommen dann noch Rechts- und Marketingkosten, die sich auf eine ähnliche Höhe summieren können. Diese Projekte dürften also bei 10 % - 20 % Kostenanteil landen und entsprechen dabei in vielerlei Hinsicht dem Fonds (heute „AIF“), der gerade noch als Negativbeispiel herhalten musste. Aber auch wenn es der Emittent schafft auf einen Kostenanteil von insgesamt nur 10% zu kommen, ist es nicht legitim dies zu verschweigen oder sogar falsch darzustellen. Richtig wäre es, den Anleger aufzuklären und durch die Professionalisierung der Prozesse mittelfristig tatsächlich nennenswerte Kostenvorteile zu bieten. Denn das Kosten entstehen ist vollkommen normal. Erst wenn der Investor darüber in die Irre geführt wird werden sie zu einem ernsthaften Problem für den Investor selbst und damit auch für das Produkt, die Plattform und die Reputation der Branche.
     
    Die Zukunft des Crowdinvestings
     
    Es gibt hierzu so viele Meinungen wie Interessenlagen. Der Finanzvertrieb wird mehr und mehr digitalisiert und die dazugehörigen Online-Angebote mit entsprechendem Zeichnungsprozess werden auch bei den etablierten Anbietern nach und nach folgen. Auf der Seite der kapitalsuchenden Unternehmen sucht man eigenkapitalähnliches Geld zu guten Konditionen. Daran ist nichts neu. Die einzige Innovation soweit wäre der digitale Zeichnungsprozess und vielleicht ein Videochat im Rahmen der Anforderungen an das Geldwäschegesetz. Jedes Unternehmen kann diesen Prozess mit geringem Aufwand selbst abbilden. Geringer Aufwand ist hierbei natürlich relativ. Eine passende Softwarelösung, Rechtsberatung für die Darlehensverträge und zum Beispiel ein Haftungsdach für den Vertrieb sind die Basis. Darüber hinaus braucht man dann natürlich noch die Investoren. Letztere zu werben ist regelmäßig der wesentliche Kostenfaktor. Innovativ wird das Angebot für Unternehmen und Verbraucher vor allem dann, wenn mit einem professionellen und kosteneffizienten Prozess für die Kapitalbeschaffung ein weiterer Nutzen für den Unternehmenserfolg geschaffen wird. Hierzu zählt vor allem der Marketingeffekt, der bei den aktuellen Angeboten weitgehend ausbaufähig ist. 
     
    Marketingeffekte nutzen
     
    Je nach Unternehmenszweck und Zielgruppe ermöglicht die Finanzierung durch Viele auch die direkte Ansprache dieser. Wer vom Unternehmen so überzeugt ist, dass er bereit ist zu investieren sollte auch als Empfehlungsgeber dienen können. In Zeiten von Social Media sind einige Hundert potentielle Empfehlungsgeber, die man ungeschminkt auf die Empfehlung zum Zwecke des wirtschaftlichen Erfolges ansprechen kann, eine wertvolle Ressource. Anbieter die von Beginn an auf diese Effekte setzen haben durch die gezielte Ansprache dieser „Influencer“ anfangs höhere Marketingkosten je Abschluss aber es wird ein Mehrwert geschaffen, der die Entwicklung des Unternehmens dauerhaft unterstützen kann. Plattformen die ihre Position als Intermediäre verstehen, können mit dieser Dienstleistung Erfahrungen und Strukturen schaffen, die auch nach dem Nischenmarkt noch bestehen kann.
     
    Crowd und professionelle Investoren als Team
     
    Neben diesem Zusatznutzen wird eine Struktur benötigt die faire Rechte und Pflichten auf beiden Seiten des Geschäftsmodells ermöglicht. Unternehmen sowie Investoren brauchen ein zukunftssicheres Vehikel, dass Eventualitäten wie zum Beispiel eine weitere Finanzierungsrunde mit professionellen Investoren reibungslos ermöglicht und bestenfalls sogar unterstützt. Hierüber werden die Plattformen innovativ und attraktiv. Professionelle Investoren wie Business Angel, Vermögensverwalter oder Banken können die erfolgreiche Crowd-Finanzierung als Milestone betrachten und gehobene Marketing-Effekte als hinzugewonnene Ressource schätzen lernen. Gerade dort wo Co-Investoren fest in den Anlagekriterien vorgesehen sind, können Plattformen zukünftig zu einem wichtigen Partner werden.
     
    Für die positive Entwicklung der jungen Branche gibt es schon viele Beispiele und irreführende Angaben die hier und dort noch zu sehen sind werden weniger desto mehr qualifizierte Analysen zu diesem Thema veröffentlicht bzw. gelesen und verstanden werden. Wie bei allen Kapitalanlagen wird es auch hier zukünftig Verbraucher geben die verstehen was sie tun und je nach Anteil dieser wird es entsprechend viele gute Angebote geben.
     
    Neben der allgemein besseren Risikoaufklärung und dem Rückgang reißerischer Marketingaussagen gibt es auch in der Struktur schon Veränderungen die es ermöglichen die vorgenannten Beispiele mit Leben zu füllen. Zuletzt haben wir uns das SPV (Special Purpose Vehikel) von Innovestment angesehen. Der Investor vergibt auch hier ein Nachrangdarlehen, dieses wird aber von einer für die Zwecke des Investments gegründeten Gesellschaft (SPV) angenommen. Diese SPV ist wiederum in einer angemessenen Höhe am Zielunternehmen wirklich beteiligt und hat einen Geschäftsführer der somit die Interessen der Darlehensgeber gegenüber dem Darlehensnehmer vertreten kann. Hierin besteht die Chance einer echten Interessengleichrichtung für alle Beteiligten und zukünftigen Akteure. Dieses Vehikel könnte auch einmal die Organisationseinheit für die Unterstützung des Unternehmenszweckes durch die Micro-Investoren sein, Bonuszinsen etc. für bestimmte Engagements seiner Darlehensgeber verwalten oder auch Crowdsourcing im Kreise der Investoren organisieren.
     
    Wir werden die Branche fortan genau beobachten und die Investment-Vehikel und Plattformen prüfen und vorstellen. Die Crowdinvesting-Angebote werden zu einer echten Alternative für viele. Für kleinere Beträge sind sie sogar alternativlos und so in jedem Fall bemerkenswert.
    Zukünftig werden wir unsere Beurteilungen in zwei Bereiche unterteilen können: Mehr oder weniger herkömmliche Finanzprodukte, die das Internet nutzen um Kostenvorteile zu erzielen und innovative Lösungen, die mit der Eigenkapitalbeschaffung auch langfristige Influencer- und Social-Media Marketingkonzepte umsetzen oder einen anderen Wettbewerbsvorteil aus der neuen Ressource „Crowd“ gewinnen. Wir sind überzeugt davon, dass beide Bereiche ihre Berechtigung haben und den Markt verändern werden.
     
    Die Chance des Geschäftsmodells sehen wir in der Förderung der finanziellen Bildung der Verbraucher und darin, die Begeisterung und Unterstützung für kleine und große Innovationen zu wecken. Mit einem „Unternehmertum-Live“-Konzept können Plattformen und Unternehmen mit Kapitalbedarf ein neues Miteinander von Verbraucher und Industrie kreieren. Wer dieses „Influvesting“ (Influencer Investing) beherrscht hält eine Pool-Position für den Massenmarkt. Hinsichtlich potentieller Kostenvorteile wird auch noch viel möglich sein. Die Frage ist dann wem das Geld zu Gute kommt. Von einem ersten, sehr erfahrenen Immobilienprojektentwickler haben wir jüngst erfahren, dass der Eigenkapitaldienst bereits für knapp unter 10 % möglich ist. Wenn diese Effekte den angebotetenen Projektentwicklungen zu Gute kommen, profitieren auch die Investoren.  
     
    Wir freuen uns auch über Ihre Meinung zum Thema und werden Einwände gern mit Ihnen diskutieren. Dieser kurze Artikel hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
     




    N. Thiele-Dohrmann
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    Nicolaus Thiele-Dohrmann, Herausgeber, alpha-assets.de.

    alpha-assets.de beleuchtet Anlageklassen aus der Produktperspektive und lässt diese durch ein Expertenpanel, vorrangig bestehend aus den Entscheidern der Vermögensverwaltungen und Familiy Offices, beurteilen. Ziel von alpha-assets.de ist es, Produkte zu identifizieren die aufgrund von Anlageklasse, Emittent und Konzeption über ein herausragendes Chancen/Risiko-Profil verfügen.
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    Verfasst von 2N. Thiele-Dohrmann
    Crowdinvesting „Stupid Money“ und „Micro-Angel“ Vor zwei Jahren lag diesseits der erste Artikelentwurf mit dem Titel „Crowdinvesting - quo vadis?“ vor. Die Art der Werbung und Risikoaufklärung hat uns nicht gefallen, so wartete das Thema. Bis heute.

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