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    Börsen-Zeitung  579  0 Kommentare Rückschlagsgefahr, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

    Frankfurt (ots) - Kartelle haben bekanntlich die aus Sicht ihrer
    Mitglieder unangenehme Eigenschaft, nicht besonders gut zu
    funktionieren. Wird das Kartell per Absprache der verkauften Menge
    gesteuert, finden sich gewöhnlich immer Mitglieder des Kartells, die
    die Absprache unterlaufen und heimlich größere Mengen auf den Markt
    werfen als versprochen.

    Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) ist ein gutes
    Beispiel für diese Mechanismen. Bereits über Jahrzehnte hat das
    Kartell nicht besonders gut funktioniert, wie sogar Insider wie der
    mittlerweile pensionierte ehemalige saudi-arabische Ölminister Ali
    al-Naimi einräumen.

    Gelegentlich aber schweißt die Not zusammen. Diesmal wird das Ende
    November vergangenen Jahres von den Opec-Mitgliedern abgegebene
    Versprechen, die Förderung um insgesamt 1,2 Mill. Barrel pro Tag
    (bpd) zu reduzieren, zu rund 90% eingehalten, wie die
    Nachrichtenagenturen Reuters und Bloomberg errechnet haben. Dass
    einige wenige Opec-Mitglieder wie der Irak noch etwas
    hinterherhinken, fällt (bislang) kaum ins Gewicht, weil das
    Schwergewicht Saudi-Arabien sein Versprechen offensichtlich
    übererfüllt. Für den Januar hat das Land von Kürzungen von rund
    718000 bpd berichtet, rund 310000 bpd mehr als erforderlich.
    Allerdings ist nicht klar, wie belastbar diese Zahlen wirklich sind,
    was Akteure auf dem Ölmarkt zur Vorsicht veranlasst.

    Rally vorerst beendet

    Trotz der für Opec-Verhältnisse ungewöhnlich hohen Einhaltung der
    Quoten hält sich der Anstieg des Ölpreises in Grenzen. Gegenüber dem
    Zwischentief von Mitte November hat sich der Brent-Ölpreis um ca. 25%
    erholt. Bei etwa 56 Dollar je Barrel hat die Rally jedoch vorerst ihr
    Ende gefunden. Der Ölpreis bewegt sich derzeit in einer engen
    Handelsspanne mit einer Bandbreite von rund 5 Dollar je Barrel und
    einer Obergrenze knapp über 56 Dollar. Insofern ist das mit der
    Produktionskürzung verbundene Kalkül des Kartells nur begrenzt
    aufgegangen.

    Dafür gibt es mehrere Ursachen. So sind die Lagerbestände an Rohöl
    aufgrund der dreijährigen Ölschwemme nach wie vor außergewöhnlich
    hoch. Zumindest was die USA betrifft, haben sie seit Jahresanfang
    sogar noch deutlich zugenommen. Dafür verantwortlich sind zwar auch
    Verschiebungen von Ölmengen innerhalb Nordamerikas hin zu
    Lagerkapazitäten, die von der US-Regierung erfasst werden. Darüber
    hinaus waren zeitweilig die US-Ölexporte schwächer als erwartet. Ein
    weiterer Grund weckt allerdings erhebliche Sorgen: So ist
    zwischenzeitlich die amerikanische Nachfrage nach Benzin deutlich
    zurückgegangen. Der von der Energy Information Administration (EIA)
    der US-Regierung erfasste Vierwochendurchschnitt liegt derzeit um 6%
    unter den Wert für die Benzinnachfrage im gleichen Vorjahreszeitraum.
    Ein solch ausgeprägter Rückgang tritt eigentlich nur im Rahmen einer
    Rezession auf - oder aber in einem Umfeld, in dem der Verbraucher
    nicht hinreichend an der Erholung der US-Wirtschaft teilnimmt.

    Ein weiterer wichtiger Punkt ist die deutliche Erholung der
    amerikanischen Schieferölproduktion, die auch auf die
    US-Lagerbestände durchschlägt. Nach den jüngsten EIA-Daten beträgt
    die US-Rohölproduktion derzeit knapp 9 Mill. bpd, dies sind ungefähr
    400000 bpd mehr als noch vor einigen Monaten. Die EIA erwartet, dass
    die Schieferölförderung im März um fast 80000 bpd steigen wird, das
    größte Wachstum seit fünf Monaten. Aktuell sind in den USA 591
    Ölförderanlagen in Betrieb, wie der Dienstleister Baker Hughes
    errechnet hat. Dies sind immerhin 114 mehr als Ende November
    vergangenen Jahres, als die Opec ihre Kürzungsbeschlüsse
    finalisierte. Es handelt sich zudem um den höchsten Stand seit
    Oktober 2015.

    Zu berücksichtigen ist auch, dass Saudi-Arabien nicht unbefristet
    dazu bereit sein wird, die Hauptlast der Anpassungen innerhalb der
    Opec zu tragen, wenn der Irak, aber auch der Iran und Venezuela
    weiterhin mehr produzieren, als von ihnen erwartet wird.

    Geduldsfaden könnte reißen

    Spätestens dann, wenn Saudi-Arabien öffentlich erkennbar der
    Geduldsfaden reißt, dürfte die Zeit reif sein für eine Korrektur des
    Ölpreises. Davon geht zumindest eine steigende Zahl von Analysten
    aus. Kritisch wird es in dieser Hinsicht im Mai, wenn die aktuelle
    Übereinkunft der Opec-Mitglieder und weiterer Staaten wie Russland
    ausläuft und es darum geht, ob sich eine Nachfolgeregelung
    durchsetzen lässt. Bislang gab es in dieser Hinsicht aus
    Saudi-Arabien wie auch aus Russland eher skeptische Äußerungen.

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