Räumungsurteil gegen betagte Mieter hält Prüfung wohl nicht stand
KARLSRUHE (dpa-AFX) - Ein betagtes Mieter-Ehepaar darf wohl weiter darauf hoffen, trotz Kündigung in seiner Wohnung bleiben zu können. In einer Verhandlung des Bundesgerichtshofs (BGH) zeichnete sich am Mittwoch ab, dass die Karlsruher Richter das Räumungsurteil aufheben und den Streit ans zuständige Landgericht zurückverweisen dürften. Sie äußerten Bedenken, ob die Interessen beider Seiten dort ausreichend gewürdigt worden seien. Das Urteil soll es um 14.30 Uhr geben.
Die Vermieter, die mit ihren zwei kleinen Kindern selbst mit in dem Haus in Sinzheim bei Baden-Baden wohnen, wollen das Erdgeschoss künftig selbst nutzen, um mehr Platz zu haben. Aber der 87 Jahre alte Mieter und seine 78-jährige Frau, die dort seit zwei Jahrzehnten wohnen, wollen nicht mehr umziehen. Nach ihrer Darstellung ist das zumindest dem Mann, der eine beginnende Demenz habe, nicht zuzumuten. Sie wollen die Räumung abwenden, indem sie sich auf die Härteklausel im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 574 BGB) berufen. (Az. VIII ZR 270/15)
Vor dem Amts- und Landgericht hatten sich bisher die Vermieter durchgesetzt. Dabei wurde aber nicht genau genug hingeschaut, wie dringlich deren Bedarf eigentlich ist, wie die BGH-Richter nun kritisierten. Hier komme es darauf an, ob die Wohnsituation wirklich katastrophal beengt sei oder ob es nur um mehr Komfort gehe. Es habe bisher aber gar keinen Ortstermin gegeben, um sich das anzuschauen.
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Für die Mieter brachte BGH-Anwalt Herbert Geisler vor, dass es einen dementen Menschen stark beeinträchtigen könne, wenn er aus seiner vertrauten Umgebung gerissen werde. Auf der Vermieter-Seite führte sein Kollege Siegfried Mennemeyer ins Feld, dass im Prozess völlig ungeklärt geblieben sei, wie krank der Mann tatsächlich sei./sem/DP/zb