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    ROUNDUP  398  0 Kommentare Vor Brexit-Erklärung - Medien erwarten sanfteren Ton aus London

    LONDON/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Nur noch wenige Stunden trennen Großbritannien von dem Startschuss für den Brexit. Am frühen Mittwochnachmittag soll das offizielle Schreiben in Brüssel eintreffen. Damit ist der Weg frei für die zweijährigen Verhandlungen mit der Europäischen Union. Medienberichten zufolge könnte Premierministerin Theresa May einen sanfteren Ton anschlagen als in den vergangenen Monaten.

    Am Dienstagabend ließ sich May im Regierungssitz Downing Street symbolträchtig fotografieren, wie sie das Dokument unterzeichnete. Gegen 13.30 Uhr (MESZ) soll der britische Botschafter Tim Barrow in Brüssel das mehrseitige Schreiben an den Europäischen Rat übergeben.

    Etwa zeitgleich tritt May vor das Parlament in London und gibt eine Erklärung ab. Britische Medien gehen davon aus, dass sie Kompromissbereitschaft für die anstehenden Austrittsverhandlungen signalisieren wird. Brexit-Befürworter unter den Abgeordneten sollen gebeten worden sein, allzu überschwänglichen Jubel zu vermeiden.

    Aus vorab verbreiteten Auszügen ihrer Rede geht hervor, dass sie die Briten angesichts der anstehenden Brexit-Verhandlungen zur Einheit aufrufen wird. Die Austrittserklärung sei der "Zeitpunkt für das Land, um zusammenzustehen".

    Kaum abweichen wird May von ihrer Haltung, dass Großbritannien den Europäischen Binnenmarkt und die Zollunion verlassen wird. Wie die "Financial Times" und andere Medien berichten, könnte May aber Zugeständnisse hinsichtlich der künftigen Rolle des Europäischen Gerichtshofs andeuten. Der Europäische Gerichtshof könnte demzufolge als eine Art Schiedsgericht in Handelsfragen von Großbritannien anerkannt werden, aber nicht mehr als letzte Instanz in anderen Rechtsstreitigkeiten.

    Auch bei der Frage, ob und wie viel Großbritannien als einmalige Zahlung an Brüssel vor dem Austritt überweist, könnte sich May kompromissbereit zeigen, so die Berichte. Experten sprechen von bis zu 60 Milliarden Euro, die die EU den Briten in Rechnung stellen könnten. Dabei geht es um Verpflichtungen, die das Land in mehr als 40 Jahren EU-Mitgliedschaft eingegangen ist.

    Fraglich ist, ob May einen Stichtag für die legale Einwanderung von EU-Arbeitskräften festlegt, der vor dem voraussichtlichen EU-Austritt im Frühjahr 2019 liegt. Medienberichten zufolge soll sie sich dagegen entschieden haben.

    Die Frage, was mit den etwa drei Millionen EU-Ausländer geschieht, die bereits in Großbritannien leben, gehört zu den wichtigsten Themen für die anstehenden Verhandlungen. Gleichzeitig müssen auch die Rechte von ungefähr einer Million Briten geklärt werden, die in anderen EU-Ländern leben.

    Auch eine verstärkte Zusammenarbeit in Sicherheitsfragen könnte May Berichten zufolge der EU anbieten.

    Die übrigen 27 Länder haben bereits eine gemeinsame Stellungnahme angekündigt. Ihre Verhandlungsposition wollen sie allerdings erst bei einem Sondergipfel am 29. April festzurren.

    EU-Ratspräsident Donald Tusk hat für 13.45 Uhr eine Erklärung angekündigt. Kernbotschaft dabei: Man wolle konstruktive Verhandlungen und hoffe auch künftig auf eine enge Partnerschaft mit Großbritannien. Entsprechende Informationen des Portals "Politico" wurden der dpa in Brüssel bestätigt. Gleichzeitig will die EU auch erneut beteuern, dass sie geschlossen an einem Strang zieht und sich nicht auseinanderdividieren lässt. Denn es gibt die Befürchtung, dass London mit Versprechungen Einzeldeals versuchen könnte.

    EU-Ratspräsident Donald Tusk telefonierte noch am Dienstagabend mit May. Das teilte Tusk über Twitter mit. Inhalte wurden nicht bekannt. Auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker soll May telefoniert haben.

    Ein weiteres Topthema bei den Austrittsverhandlungen wird die neue EU-Außengrenze zwischen der Republik Irland und dem britischen Nordirland sein. Sie könnte dem Handel auf der Insel schaden und alte Wunden in der Ex-Bürgerkriegsregion aufreißen.

    Die Reihenfolge der Verhandlungen ist umstritten. Während die Europäische Union erst einmal die Bedingungen des Austritts klären will, wollen die Briten möglichst rasch über einen umfassenden Freihandelsvertrag reden.

    Streit gibt es zudem zwischen May und Schottland. Kurz vor der EU-Austrittserklärung stimmte das schottische Parlament am Dienstagabend einem erneuten Referendum zur Trennung von Großbritannien zu. Anlass für die Volksabstimmung ist Mays harter Brexit-Kurs. Schottland will zumindest im Europäischen Binnenmarkt bleiben. May lehnt einen solchen Sonderweg kategorisch ab.

    Schottlands Regierungschefin Nicola Sturgeon will ihre Landsleute zwischen Herbst 2018 und Frühjahr 2019 über die Loslösung von Großbritannien abstimmen lassen - also vor dem Brexit. Dafür braucht sie noch die Zustimmung aus London. May machte bereits klar, dass sie erst den Austritt aus der EU unter Dach und Fach bringen will.

    Am Donnerstag will die britische Regierung Pläne zum Großen Aufhebungsgesetz (Great Repeal Bill) veröffentlichen. Es ermöglicht, EU-Vorschriften in britisches Recht zu übertragen. Das Königreich kann sich dann nach und nach von missliebigen Gesetzen verabschieden./cmy/DP/tos





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