Hab mich die Tage etwas intensiver mit der Frage beschäftigt, wie sich die neuen (reduzierten) Kapitalanforderungen bei LC konkret auswirken. Könnt ihr meinen Gedankengängen folgen? Übersehe ich hier irgendwas?
a) Status Quo bis 01/2024: LendingClub hatte erhöhten Anforderungen an die Eigenkapitalausstattung zu genügen. Die maßgeblichen Beschränkungen waren hier einerseits bezogen auf die Risikogewichteten Assets (z.B. CET 1 capital ratio), andererseits auf die ungewichteten Assets (Tier 1 Leverage Ratio).
b) alte vs. neue (=vermutete / recherchierte) Kapitalanforderung und aktueller Stand der Quoten:
------------------------Alt-------Neu-------Ist 31.12.23
CET1 capital ratio------11%-------7%-------17,9%
Tier 1 leverage ratio---11%-------4%-------12,9%
c) Die Kapitalanforderungen bezogen auf RWA (risk weighted assets) sinken deutlich. Noch deutlicher dagegen sinken diese bezogen auf die ungewichteten assets.
d) Kredite, die man in den eigenen Büchern hält (100% Risikogewicht) könnte man damit auf einen Schlag nahezu verdoppeln und würde die Vorgaben immer noch knapp einhalten. Die CET1 capital ratio wäre hier der limitierende Faktor.
e) Kredite, die man über das neu geschaffene Verbriefungskonstrukt "Structured certificate" ausgibt, unterliegen auf Grund der Risikostruktur jedoch nur einem Risikogewicht von 20%. Bezogen auf Punkt d) könnte man hier also ein um den Faktor 5 höheres Volumen stemmen, bevor man an die Grenze durch die CET1 capital ratio stößt.
f) Limitierend im Fall e) ist dann aber die Tier 1 leverage ratio. Die Anforderung sinkt hier von 11% auf 4%, der Ist-Wert liegt bei 12,9% - d.h. man kann immerhin noch das 3-fache Volumen stemmen.
Conclusio: Man hat bei LC rechtzeitig das Mittel des "Structured certificate" eingeführt, mit dem man das eigene Kapital innerhalb der regulatorischen Rahmenbedingungen ideal "ausnutzen" kann. Da man bei der leverage ratio deutlich mehr Spielraum hat als bei den RWA-Steuerungsgrößen, sind die Verbriefungen genau das Mittel der Wahl, um das Neugeschäft anzukurbeln. Schlauerweise ist man in 2023 weiterhin profitabel geblieben, hat also weiterhin Eigenkapital aufgebaut - das ist das was in einem der Calls sinngemäß als "auf die Bremse treten vor der Kurve" bezeichnet wurde. In den nächsten Quartalen dürfte der ideale Zeitpunkt sein, etwas aufs Gaspedal zu treten und mit Schwung aus der Kurve getragen zu werden. Mit den strukturierten Zertifikaten verdient man zwar absolut betrachtet 40% weniger, man kann aber theoretisch die 3-fache Menge emittieren als wenn man die Kredite in den eigenen Büchern behält. Nach Adam Riese sollte das dann zu 80% Mehrertrag führen (60% * 3 = 180%). Dass bei den Zertifikaten die CECL-Upfront-Rückstellungen entfallen, sollte dem Aufbau weiteren Eigenkapitals ebenfalls zuträglich sein, wodurch das Flying Wheel in den nächsten Quartalen richtig in Gang kommen könnte. Klingt für mich fast zu schön um wahr zu sein. Jetzt ist eben nur die Frage, wie schnell sich die Nachfrage nach den "Structured certificates" steigern lässt. Aber die nachlassenden Zinsen in den USA sollten eigentlich zuträglich sein...
Bin ich hier zu bullisch unterwegs?
P.S.: Habe oben etwas zugespitzt auf "Structured Certificates" in der alleinigen Betrachtung. In der Realität wird LC eine Mischung zwischen HFI / Structured Certificates / Marketplace vornehmen.