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     357  0 Kommentare BNP, Consors, von Essen: Wann ist ein Kredit wegen hoher Zinsen sittenwidrig?

    Verbraucherkredite und Baufinanzierungen können als Wucher angesehen werden, wenn sie zu teuer sind. Dann besteht für Verbraucher die Möglichkeit, überhöhte Zinsen oder Provisionen zurückzuverlangen.

    Banken nutzen zuweilen die Unkenntnis oder eine Notsituation von Verbrauchern aus, um ihnen teure Darlehen zu verkaufen. Doch aktuelle Gerichtsurteile zeigen: Die Zinshöhe bei Krediten an private Kunden hat Grenzen. Übertreiben es die Banken, dann kann ein Darlehen sittenwidrig sein und als Wucher eingestuft werden. Mit einschneidenden Konsequenzen sowohl für Kreditnehmer als auch für die Kreditinstitute und ihre Vermittler.  

    So hat beispielsweise das LG Hamburg (Az. 325 O 110/22) einen Immobilienkredit der zur BNP Paribas gehörenden Consors Finanz mit einem effektiven Zinssatz von 10,64 Prozent als sittenwidrig eingestuft. Die Folge: Der Vertrag ist nichtig. Der verklagte Kreditvermittler muss seine Provision in Höhe von mehr als 5.000 Euro an den Kunden zurückzahlen.

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    Aber auch für Banken kann die Einstufung eines Darlehens als Wuchergeschäft massive Folgen haben: Sie müssen die zuviel gezahlten Zinsen erstatten und den Kunden auf dessen Wunsch aus einem laufenden Kredit entlassen, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung fällig wird. Damit besteht die Chance auf eine günstigere Refinanzierung des überteuerten Darlehens. Auch hier ist die BNP Paribas bereits mehrfach negativ aufgefallen: Mit ihren Marken „von Essen Bank“ und „Consors Finanz“ tummelt sie sich im Geschäft mit hohen Zinsen, hohen Vermittlungsprovision und hohen Kosten für Restschuldversicherungen.

    Die Darlehen werden dabei häufig von sogenannten Kreditvermittlern verkauft, wie beispielsweise Maxda, Credimaxx oder KVB Finanz.

    Wann ein Kredit sittenwidrig wird, hat der Bundesgerichtshof in einem älteren Urteil skizziert, an dem sich bis heute die Rechtsprechung orientiert. So argumentierte der BGH (Az. XI ZR 252/89), ein auffälliges Missverhältnis sei dann gegeben, wenn der Vertragszins mehr als doppelt so hoch sei wie der marktübliche Effektivzins.  

    Argument der schlechten Bonität zieht nicht

    Diese recht klare Aussage lassen viele Kreditinstitute im Einzelfall nicht für sich gelten. Nach unserer Erfahrung argumentieren Banken gerne, der Kunde habe eine reduzierte Kreditwürdigkeit. Somit sei für ihn ein deutlich erhöhter Zinssatz gerechtfertigt.

    Doch dieser Argumentation hat nun das LG Erfurt (Az. 9 O 101/23) in einem bemerkenswerten Urteil einen Strich durch die Rechnung gemacht. Im Zuge einer sorgfältigen Kreditwürdigkeitsprüfung, zu der Banken gesetzlich verpflichtet sind, dürfe es keine erhöhten Rückzahlungsrisiken geben, die in einem Aufschlag zum Marktzins zu berücksichtigen seien, so das Gericht. Oder anders ausgedrückt: Kreditinstitute dürfen ein Darlehen nur an kreditwürdige Kunden vergeben – und dann zu einem Zins in der Nähe des Marktzinses. Ist der Kunde nicht kreditwürdig, darf er überhaupt keinen Kredit erhalten.

    So können aufgrund der extrem niedrigen Marktzinsen bei Baufinanzierungen mit erstrangiger Besicherung aus den Jahren 2016 bis 2021 bereits Zinssätze von mehr als 2,5 bis drei Prozent als sittenwidrig angesehen werden.

    Deutlich höher liegen die Grenzen zum Wucher bei unbesicherten Verbraucherkrediten. So zahlte der Kunde in dem bereits genannten Erfurter Fall einen Sollzins von 15,2 Prozent. Als er seine Raten nicht mehr zahlen konnte, verklagte ihn das Kreditinstitut – und verlor.

    Einzelfallprüfung nötig

    Zu beachten ist jedoch, dass die Höhe des Zinses allein nicht ausreicht, um die Sittenwidrigkeit eines Darlehensvertrags festzustellen. Vielmehr müssen die individuellen Umstände umfassend bewertet werden. Verbraucher, die den Verdacht haben, dass ihre Zinsen sittenwidrig sind, sollten sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt oder an Verbraucherschützer wenden, beispielsweise an die Experten der Interessengemeinschaft Widerruf.

    Nach unserer Erfahrung kommt gerade bei Verbraucherkrediten, bei denen der Kreditnehmer durch überhöhte Zinsen in eine Schuldenfalle zu geraten droht, die Übernahme der Kosten für Anwalt und Gericht im Rahmen der Prozesskostenhilfe in Frage, wenn keine Rechtsschutzversicherung besteht. Damit können auch Verbraucher, die nicht über die nötigen finanziellen Mittel verfügen, ihr Recht durchsetzen.


    Roland Klaus
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    Roland Klaus arbeitet als freier Journalist und ist Gründer der Interessengemeinschaft Widerruf (www.widerruf.info). Sie dient als Anlaufstelle für alle, die sich zum Thema Widerrufsjoker informieren und austauschen wollen und bietet eine kostenlose Prüfung von Widerrufsklauseln in Immobiliendarlehen, Kfz-Krediten und Lebensversicherungen an. Bekannt wurde Klaus als Frankfurter Börsenreporter für n-tv, N24 und den amerikanischen Finanzsender CNBC sowie als Autor des Buches Wirtschaftliche Selbstverteidigung.

    Sie erreichen Ihn unter www.widerruf.info
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    Verfasst von Roland Klaus
    BNP, Consors, von Essen: Wann ist ein Kredit wegen hoher Zinsen sittenwidrig? Verbraucherkredite und Baufinanzierungen können als Wucher angesehen werden, wenn sie zu teuer sind. Dann besteht für Verbraucher die Möglichkeit, überhöhte Zinsen oder Provisionen zurückzuverlangen. Das zeigen aktuelle Urteile. Besonders eine Bank ist negativ aufgefallen.