Der EZB wurde die Show gestohlen - Seite 2
Im Grunde wurde damit aber nur der bisherige Kurs bestätigt. Und insofern war das Ergebnis der EZB-Sitzung gestern eigentlich ein Non-Event. Spannender waren da schon einige Wortmeldungen von Vertretern anderer Notenbanken. Sie stahlen der EZB gestern eindeutig die Show.
Rudert die Fed angesichts des hohen Wachstums zurück?
Für die US-Notenbank (Fed) gab deren Chef Jerome Powell bei einer Anhörung noch die moderatesten Töne von sich. Seiner Ansicht nach dürften Zinssenkungen im Verlauf des Jahres angemessen sein. Zuvor wolle man jedoch mehr Sicherheit, dass die Inflation zurückgehe. Damit klang er sehr ähnlich wie seine Kollegin Lagarde von der EZB.
Deutlich interessanter war die Einschätzung von Neel Kashkari, Chef des Notenbankbezirks Minneapolis. Ginge es nach ihm, dürfte die Fed die Zinsschraube in diesem Jahr wegen der stärkeren Konjunkturdaten seit Jahresbeginn nur maximal zweimal lockern, eventuell sogar nur einmal.
Und seine Kollegin Michelle Bowman brachte sogar wieder Zinsanhebungen ins Spiel. Sie sei gewillt, die Zinsen anzuheben, wenn die Fortschritte bei der Inflation stagnieren oder sich umkehren. Ihr grundlegender Ausblick sei allerdings weiterhin, dass die Inflation bei gleichbleibendem Leitzins weiter sinken wird. Jedenfalls sei die US-Wirtschaft noch nicht an dem Punkt angelangt, an dem die Fed die Zinsen senken sollte.
Widersprüchliche Marktreaktionen
Warum die Aktienmärkte dennoch weiter zulegen konnten – insbesondere DAX und Euro STOXX 50 nach der gestrigen Zinsentscheidung der EZB, also vor allem unsere heimischen Werte – ist mir ein Rätsel. Hatten einige Anleger etwa restriktivere Töne der EZB befürchtet, so dass sie nun Erleichterungskäufe tätigten? Aber warum steigt dann gleichzeitig der Euro zum US-Dollar? Das erklärt sich nur, wenn die EZB die Zinsen länger oben hält. Und ein steigender Euro widerspricht den oben genannten restriktiven Tönen der Fed.
Der Markt ist aus meiner Sicht derzeit einfach verrückt. Letztlich gilt: Die Aktienkurse steigen, weil sie steigen. Die Hausse nährt die Hausse.
Bank of Japan macht den nächsten Schritt in Richtung Zinsanhebungen
Lesen Sie auch
Die größte Wirkung auf die Finanzmärkte ging jedoch von der Bank of Japan (BoJ) aus. Und dabei zeigte sich, dass die Kurse auch deutlich anders – und vor allem logischer – verlaufen können, wenn Vertreter einer Notenbank Zinsanhebungen ins Spiel bringen. BoJ-Chef Kazuo Ueda sagte, die Wahrscheinlichkeit steige schrittweise, dass die Bank of Japan (BoJ) ihr Inflationsziel von 2 % erreiche. „Wenn sich bestätigt, dass sich ein positiver Lohninflationszyklus verstärkt, können wir eine Änderung unserer massiven geldpolitischen Lockerungsmaßnahmen in Betracht ziehen“, so Ueda im Parlament.