Chartanlayse

Rücksetzer im DAX: Korrekturauftakt oder gesunde Verschnaufpause?

Wenngleich der deutsche Leitindex DAX gegenüber seinem Allzeithoch bei 18.567 Punkten in der Spitze kaum mehr als zwei Prozent korrigiert hat, ist die Furcht vieler Anleger vor einer ausgedehnten Korrektur groß.

Eine Ausnahmeerscheinung

Das ist angesichts der Strecke von 27 Prozent, die der DAX seit seinem 52-Wochen-Tief bei 14.630 Punkten absolviert hat, nachvollziehbar. Denn die Rallye hat sich mit Ausnahme einer Bullenflagge um den Jahreswechsel herum ohne nennenswerte Rücksetzer vollzogen. Das ist durchaus nicht ungewöhnlich, in der in den vergangenen Monaten gezeigten Dynamik aber doch eine Ausnahmeerscheinung.

Ein Blick in den Chart soll daher klären, ob die Zeit für eine größere Korrektur gekommen ist, oder die Bullen den Bären ein weiteres Mal ein Schnippchen schlagen können:

"Sell the rip" statt "Buy the dip"?

Die vergangenen Tage zeigen einen ersten Pullback, nachdem es dem DAX nicht gelungen ist, sich nachhaltig oberhalb von 18.500 Punkten zu etablieren. Dieser verläuft bislang geordnet und zeigt keine von Panik geprägten Ausverkaufstendenzen. Auch größere Intraday-Reversal sind bislang ausgeblieben. Solche können insbesondere zur Unterseite hin auf einen Wechsel von "Buy the dip" zu "Sell the rip", also vom Kauf von Rücksetzern hin zum Verkauf von Anstiegen, hindeuten.

Sollte es in den kommenden Tagen beim Geschehen der letzten Tage bleiben, stehen die Chancen daher gut, dass es sich bei der laufenden Konsolidierung erneut um eine Bullenflagge handelt, die als Trendfortsetzungssignal den Boden für die nächste Aufwärtsbewegung bereitet.

Szenario 1: Neue Allzeithochs nach moderater Korrektur

Aus technischer Perspektive notwendig geworden ist der aktuell Pullback, da sich der Relative-Stärke-Indikator in den überkauften Bereich vorgeschoben hatte. Die Überhitzung des technischen Indikators ist inzwischen abgebaut, wodurch der RSI erneuten Kursanstiegen nicht im Wege steht.

Allerdings ist dieser gleichzeitig noch nicht tief genug gefallen, als dass ein unmittelbarer Rebound zwingend erforderlich wäre. Eine voraussichtlich gut geeignete Chance für einen Long-Einstieg würde sich ergeben, sollte ein Anhalten der Verluste im DAX zu einem RSI zwischen 30 und 25 Zählern führen.

Ein überverkauftes Niveau des RSI dürfte sich allerdings nicht vor 17.500 Punkten im Kursindex einstellen. Das wäre also im Falle einer moderaten Korrektur ein wahrscheinliches Kursziel, ehe der DAX neue Allzeithochs folgen lassen dürfte.

Bearishe Divergenzen als möglicher Knackpunkt

Für eine Korrektur über dieses Niveau hinaus spricht, dass in der technischen Indikation schon seit einiger Zeit eine bearishe Divergenz sowohl im RSI als auch im Trendstärkeindikator MACD vorliegt. Die jüngsten Rekordhochs wurden von der technischen Indikation also nicht bestätigt, was auf ein Fehlsignal hindeuten kann.

Sollte es dem DAX nicht gelingen, diese bearishen Divergenzen durch ein neues Allzeithoch im Kurschart, das von neuen Hochs in der technischen Indikation begleitet wird, zu neutralisieren, dürfte der deutsche Leitindex mittelfristig vor einer deutlich größeren Korrektur stehen.

Szenario 2: Kräftige Korrektur

Diese würde den DAX voraussichtlich bis an das Ausbruchsniveau von 17.000 Punkten zurückführen, wobei ein Überschießen der Korrektur bis 16.500 Punkten, wo auch die 200-Tage-Linie verläuft, einkalkuliert werden müsste.

Für dieses Szenario bereits zum jetzigen Zeitpunkt spricht neben den bearishen Divergenzen der Verlust von Momentum, der durch den MACD angezeigt wird, der inzwischen unter die Signallinie gefallen ist, wodurch der DAX zunächst weiter an Momentum verlieren wird – wenngleich der aktuelle Verbleib im Plusbereich noch auf einen intakten Aufwärtstrend schließen lässt.

Fazit: Anleger sollten sich nicht voreilig festlegen

Eine eindeutige Kursbestimmung ist für den DAX aktuell noch nicht möglich. Noch bietet die Kursentwicklung der letzten Tage zu wenige Anhaltspunkte, als dass sich Anleger mit Blick in den Chart verbindlich auf eine Richtung festlegen sollten.

Ein dynamischer Rebound im Bereich von 18.000 Punkten sowie das Verlassen des kurzfristigen Abwärtstrends würde für eine Fortsetzung der Rallye sprechen. Wie bereits zweimal zuvor würde es sich bei den Abgaben um eine Bullenflagge handeln, die ein Trendfortsetzungssignal ist.

Sollte ein solcher Rebound ausbleiben und der DAX ohne nennenswerten Widerstand unter 18.000 Punkte fallen, müssen sich Anleger auf eine größere Korrektur einstellen. Der Momentumverlust dürfte dann bereits zu groß sein, um mit einem Rebound die Kohlen noch einmal aus dem Feuer zu holen. In diesem Fall dürften Momentum-Strategien von der Käufer- auf die Verkäuferseite wechseln und zu einem kaskadenartigen Abverkauf bis mindestens 17.000 Punkten führen.

Anleger halten daher Ausschau nach Anhaltspunkten für eines der beiden Szenarien und legen sich erst dann fest. Ein Hauptaugenmerk sollte in dieser Woche auf den US-Inflationsdaten am Mittwoch liegen.

Autor: Max Gross, wallstreetONLINE Redaktion

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