Sell in May...?
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
nachdem der Frühling im April endlich Einzug gehalten hat, steht nun der Wonnemonat Mai vor der Tür. Für die Börsianer beginnt im Mai hingegen die eher flaue Börsensaison, wie die bekannte Börsenweisheit „Sell in May...“ (Verkaufe im Mai...) unterstreicht. Und mit dem Rückfall der Märkte in der vergangenen Woche sahen wir auch schon ein entsprechend negatives Omen dafür.
S&P 500: Fehlausbruch am Allzeithoch!
So hat beispielsweise der S&P 500 an seinem Allzeithoch von 2007 mit dem deutlichen Unterschreiten der alten Höchstmarke von 17576,09 Punkten (siehe grüne Linie im folgenden Chart links) einen klassischen Fehlausbruch produziert. Sicher, dieser kam durch ein externes Ereignis, nämlich die Bombenanschläge von Boston, zustande. An dem dadurch erzeugten negativen Vorzeichen ändert sich jedoch nichts, zumal es unmittelbar danach zu einem erneuten Rückprall von dieser Linie kam (siehe roter Pfeil im Chart links.
Während es jedoch z.B. im DAX und anderen europäischen Indizes zu einer Fortsetzung der Kursverluste kam, hielt sich der S&P 500 dennoch auf vergleichsweise hohem Niveau. So wurde die wichtige Unterstützung knapp unterhalb von 1.540 Punkten recht souverän verteidigt (siehe grüner Pfeil im Chart links). Von hier aus können nun die Bullen einen erneuten Vorstoß wagen.
Die gute Stimmung an den US-Börsen widersteht dem Abwärtsdruck
Auch im NASDAQ 100, der zuletzt auffallend schwach blieb (und z.B. noch nicht einmal sein Hoch von 2012 überwinden konnte), kam es nach dem ersten Rückfall am Freitag zu einer deutlichen Gegenreaktion (siehe grüner Pfeil im Chart rechts). Insgesamt zeichnet sich damit im NASDAQ – wie auch schon bei anderen Indizes – eine „Unsicherheits-Trompete“ in Form eines sich nach rechts öffnenden Dreiecks ab (grau schattiert).
Diese Formation ist keineswegs bullish, aber dennoch sollte es kurzfristig auch im NASDAQ zu einer erneuten Aufwärtsbewegung in Richtung der oberen blauen Linie des grauen Dreiecks kommen.
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Im Rahmen einer solchen (allgemeinen) Aufwärtsbewegung an den Märkten könnte der S&P 500 wieder an die 1.576er Marke oder sogar bis auf 1.600 Punkte vorstoßen. Sofern dieser zweite Versuch nicht abermals scheitert, würden sich die Perspektiven für (US-)Aktien wieder deutlich bessern.
Die Chancen für einen Wiederanstieg vom gegenwärtigen Niveau aus stehen also ganz gut. Und offenbar ist die Stimmung auch immer noch ausgesprochen positiv. Anders ist diese Stärke des S&P 500 nicht zu erklären. Denn schon während des gesamten Aprils wiederstand der US-Leitindex dem Abwärtsdruck, den z.B. schlechte Konjunkturdaten – von ISM-Index bis Arbeitsmarkt – ausübten. Auch in der vergangenen Woche nahmen die Börsianer die unerwartet schlechteren Daten wichtiger Frühindikatoren, wie dem Philly-Fed-Index und dem Empire State Index, ungerührt zur Kenntnis.
Der Präsidentschaftszyklus und die Sommerflaute
Und was ist nun mit „Sell in May...“? Nun, abgesehen davon, dass – bis zu einem nachhaltigen Überwinden des Allzeithochs im S&P 500 – aus den Charts derzeit allenfalls eine kurzfristige Stärke herausgelesen werden kann, ist die berühmte Sommerflaute an den Börsen keineswegs in Stein gemeißelt. Insbesondere innerhalb des bekannten Präsidentschaftszyklus kommt es zu durchaus unterschiedlichen Kursentwicklungen an den US-Börsen (siehe folgender Chart).
Zwar dümpeln die Kurse im Wahljahr (ganz links) nur dahin, und im Zwischenwahljahr (zweiter Abschnitt von rechts) kommt es statistisch sogar zu herben Rückschlägen. Aber das Vorwahljahr (ganz rechts) und das Nachwahljahr (grau schattiert) liefern den Aktionären recht erfreuliche Resultate – selbst in der Jahresmitte.
Wie Sie die Rally mit Sicherheitsnetz ausreizen
Und da 2013 ein Nachwahljahr ist, kann die Rally durchaus noch einen weiteren Schub erfahren. Die Stimmung dafür scheint geeignet, wie die aktuelle Stärke beweist. Allerdings ist die seit November laufende jüngste Rallyphase inzwischen recht weit fortgeschritten. Sie sollten daher den starken Widerstand des Allzeithochs im S&P 500 und den Gegenwind von fundamentaler Seite (z.B. die zuletzt stark gefallenen Rohstoffpreise, die auf eine stärkere als erwartete Konjunktureintrübung hindeuten könnten) nicht unterschätzen.
Nach wie vor gilt also: Bei signifikanten Rückschlägen unter wichtige bisherige Unterstützungen – wie z.B. die jetzt verteidigte 1.540-Punkte-Marke im S&P 500 – sollten Sie weitere Gewinne sichern. Das ist quasi Ihr Sicherheitsnetz. Falls dieses nicht benötigt wird, können Sie die Rally vorerst weiter ausreizen. Also „Sell in May...“ unter etwas anderen Vorzeichen...
Mit besten Grüßen
Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)