Aktienmärkte mit mehr als 100 Prozent Kursplus - Seite 2
15 Millionen Menschen sollen in Istanbul leben, aber in Wahrheit haben die Behörden längst aufgehört zu zählen und geben auch keine offiziellen Zahlen mehr raus. Sie wären schnell veraltet, so schnell, wie die Metropole derzeit wächst. Kein Wunder, denn die Baubranche in der Türkei boomt, beflügelt durch die Infrastrukturprojekte, mit denen der Ministerpräsident Recep Erdogan das Land für das 100-jährige Jubiläum der Republik in 2023 schick machen will. Den Bauunternehmen, wie Dogus Holding, Enka Insaat ve Sanayi oder Limak geht es daher gut.
Westlich von Istanbul soll bald der größte Flughafen weltweit entstehen. Ein Konsortium aus fünf türkischen Bauunternehmen bekam jüngst den Zuschlag für 22,35 Mrd. Euro. 150 Millionen Passagiere sollen hier pro Jahr abgefertigt werden, das sind dreimal so viele wie in Frankfurt.
Attraktive Bedingungen für Investoren
Insgesamt plant die Regierung in Ankara neue Infrastruktur in Höhe von 200 Mrd. Euro. Und will damit auch ausländische Investoren ins Land holen. „Ich lade Sie ein, im Zentrum der Welt zu investieren“, sagte Verkehrsminister Binali Yildrim Ende März in London. Besonders gefragt seien ausländische Investoren in den Bereichen der Infrastruktur, Energie- und Versicherungsbranche. Zudem setzt die türkische Regierung auf die Rüstungsindustrie, zum Beispiel Sarsilmaz Silah Sanayi.
Mit der eigenen Industrie, die hauptsächlich Textilien, Fahrzeugteile, Chemikalien und Elektronik herstellt und von den Mischkonzernen Koc, Sabanci und dem Lebensmittelkonzern Ülker dominiert wird, sind die türkischen Vorhaben auch nicht zu stemmen. Und die Türkei ist nicht nur wegen der billigen Löhne im Osten des Landes für ausländische Investoren attraktiv.
Von den vermutlich rund 75 Millionen Einwohnern sind mehr als die Hälfte unter 30 Jahren und sehr konsumorientiert, was der Konsumbranche nach Expertenmeinung in den nächsten Jahren zweistellige Zuwachsraten einbringen wird. Außerdem nutzt die türkische Zentralbank Spielräume aus, um den Export zu stärken. Zuletzt hat die Bank den Leitzins gesenkt, um die türkische Lira abzuschwächen und zugleich die heimische Kreditvergabe von 19 auf 15 Prozent gesenkt, um die Überschuldung einzudämmen.
Börse volatil
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Einen Schub dürfte die Aufwertung der Rating-Agentur Moody´s geben. Nachdem Fitch bereits im November vergangenen Jahres türkischen Anleihen das Prädikat "Investmentgrade" verlieh, zieht Moody´s nun nach und hob Mitte Mai das Türkei-Rating von Ba1 auf Baa3 an. In der Türkei hofft man, dass dieser Schritt den Fluss des spekulativen Geldes nach Istanbul eindämmt und die Direktinvestments erhöht. Im vergangenen Jahr deckte die Türkei das enorme Handelsbilanzdefizit zu 80 Prozent mit spekulativem Kapital.
Für Privatanleger sind Investments an der Börse Istanbul riskant, denn die Kurse sind volatil. Dass die Börse zuletzt ein Rekordhoch vermeldete und die Kurse im Index ISE 100 um mehr als 60 Prozent stiegen, ist nicht den Unternehmenserfolgen, sondern den Banken, wie die Garantie, die Akbank und die Turkiye Is., zu verdanken. Sie halten 60 Prozent der türkischen Anleihen und verbuchten entsprechende Kursgewinne als die Marktzinsen zurückgingen. Davon wurden auch Großinvestoren angelockt. 2013 wird sich die Bankenrally so wohl nicht wiederholen, auch wegen der Senkung des Leitzinses. Deshalb sind eher breiter gestreute ETFs auf den Landesindex interessant oder für jene Anleger, die lieber den ganzen SMIT-Korb haben möchten, ein passendes SMIT-Indexzertifikat. Das betreffende Papier hatten wir am Ende von Teil 2 schon vorgestellt. Im vierten Teil widmen wir uns en detail den Indonesiern. Denn laut McKinsey werden die Indonesier bis 2030 die siebtgrößte Volkswirtschaft der Welt sein. Gegenwärtig ist dies übrigens Italien (die Türkei rangiert auf Platz 17) und hier schließt sich der Kreis – die Italiener hat unser Kollege Egmond Haidt in dieser Woche ebenfalls analysiert.