Chinas Wandel birgt wieder Fantasie
Im ersten Teil unserer Länderanalyse zu China haben wir die jüngsten Politikveränderungen besprochen. Im zweiten Teil wollen wir auf die Auswirkungen auf den Binnenkonsum dieses riesigen Landes eingehen. Wenn hier die Kaufkraft von mehreren hundert Millionen Konsumenten entfacht werden kann, wird der mit Abstand größte Markt der Welt für zahlreiche Produkte entstehen. Für die deutschen Automobilbauer zum Beispiel ist China schon jetzt der wichtigste Markt.
Die neue politische Führung der VR China um Staatspräsident Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang ist nun seit einem Jahr im Amt. Bei Antritt hatte sie verkündet, Chinas künftige Entwicklung in nachhaltigere Bahnen lenken zu wollen. Erklärtes Ziel ist der Umbau von einer investitions- und exportgetriebenen hin zu einer überwiegend auf dem Binnenkonsum fußenden Wirtschaft. Seit 2014 prägt das von Präsident Xi Jinping ins Spiel gebrachte “Xin Chang-tai” die Diskussion. Danach befindet sich das Land am Wendepunkt zu einer “neuen Normalität”, innerhalb der es sich an geringere Wachstumszahlen gewöhnen müsse. Wie die Gesellschaft zur Außenwirtschaftsförderung der Bundesrepublik Deutschland Germany Trade & Invest in ihrem Anfang Juli vorgelegten Bericht „Wirtschaftstrends VR China Jahresmitte 2014“ ermittelt hat, legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im 1. Quartal 2014 real um vergleichsweise niedrige 7,4 Prozent zu (gegenüber 7,7 Prozent im Vorjahresquartal sowie im Gesamtjahr 2013).
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Für 2014 gab die Regierung im März ein Wachstumsziel von 7,5 Prozent vor, die Chinese Academy of Social Sciences (CASS) rechnet mit +7,4 Prozent. Am 2.4.14 beschloss der Staatsrat erste Konjunkturmaßnahmen, darunter Investitionen im Eisenbahnsektor (einschließlich deren Öffnung für privates Kapital), Renovierungsprojekte in den Städten und Steuererleichterungen für Kleinunternehmen. Schätzungen zufolge sollen allein die Investitionen in den Schienenverkehr und den städtischen Wohnungsbau zu einer Erhöhung des Wachstums für das Gesamtjahr um 0,2 bis 0,4 Prozentpunkte führen. Weitere als “Mini-Stimulus” bezeichnete Maßnahmen folgten, zuletzt Anfang Juni eine Senkung der Mindestreservesätze für einige Banken, die insbesondere Kredite in die Landwirtschaft und an kleine und mittlere Unternehmen vergeben. Offensichtlich dreht die Regierung an mehreren Stellschrauben, um ein zu starkes Abrutschen der Wirtschaft unter das selbst gesetzte Wachstumsziel von 7,5 Prozent zu verhindern.