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    UKRAINE  542  0 Kommentare Neue Runde im Gasstreit - Klitschko warnt vor kalten Wohnungen

    KIEW/BERLIN (dpa-AFX) - Die Russen reisen mit Hoffnungen auf einen harten Winter zu neuen Gasgesprächen mit den Ukrainern nach Berlin. Wochenlang herrschte zwischen Moskau und Kiew Stillstand im Gasstreit, in dem die EU vermittelt. Grund sind vor allem die ukrainischen Milliardenschulden für geliefertes russisches Gas, aber auch der trotz einer Waffenruhe ungelöste Konflikt in der Ostukraine. Schon seit Juni erhält die Ukraine kein Gas von Russland. Nun aber drängt die Zeit. Die Heizperiode beginnt. Und die Russen hoffen auf eisige Temperaturen, die den Gasverkauf und die Gewinne hochtreiben.

    Auch die EU will sichergehen, dass russisches Gas weiter ausreichend durch die Ukraine - das wichtigste Transitland - strömt. Deshalb hat der Westen großes Interesse daran, dass sich die Konfliktseiten auf einen neuen Gaspreis einigen. Unvergessen ist in der EU der Energiekonflikt beider Länder von 2009, als durch einen Transitstopp auch Menschen in östlichen EU-Staaten in ihren Wohnungen erfroren.

    In der chronisch klammen Ukraine herrscht Skepsis. Als Rathauschef der Millionenstadt Kiew schwört der frühere Box-Weltmeister Vitali Klitschko die Bürger bereits auf harte Zeiten ein. Die Heiztemperatur in den Wohnungen werde in diesem Jahr um 2 auf 16 Grad Celsius sinken, kündigt er an.

    Bereits seit Juni erhält die Ukraine wegen offener Rechnungen von mehr als fünf Milliarden US-Dollar (aktuell 3,93 Milliarden Euro) kein Gas mehr aus Russland. Warmes Wasser haben Kiews Bürger wie die meisten Menschen in der Ex-Sowjetrepublik bereits seit Monaten nicht mehr. Die Reserven in den Gasspeichern sind knapp. Russland und der Westen befürchten, dass die Ukraine Transitgas für den Eigenbedarf illegal abzweigen könnte. Der russische Energieriese Gazprom wirft der Ukraine seit Jahren "Gas-Klau" vor. Kiew weist solche Anschuldigungen zurück.

    Russen und Europäer wollen vor allem wegen befürchteter Engpässe bei der Energieversorgung rasch eine Lösung. Der Staatskonzern Gazprom hofft zudem auf eine Lösung, weil die fehlenden Milliardenzahlungen der Ukraine auf seine Bilanzen drücken. Auch der russische Staatshaushalt hängt am Tropf des Gasmonopolisten. Die Abgaben aus dem Gasgeschäft braucht Präsident Wladimir Putin dringend, um die zuletzt ausgeweiteten Sozialleistungen zu bezahlen.

    Angeboten hatte Russland der Ukraine zuletzt einen Rabatt von rund 100 US-Dollar auf 1000 Kubikmeter Gas. Doch auch 380 Dollar kann und will die Ukraine nicht bezahlen, wie Regierungschef Arseni Jazenjuk mehrfach betonte. Nach der jüngsten Korrektur der Prognosen für 2015 dürften die Russen ihr Preisangebot zwar erneut senken. Die von den Ukrainern anvisierten 268 Dollar sind aber nicht in Sicht. Alle EU-Abnehmer zahlen deutlich mehr.

    Die Lage im ukrainischen Energiesektor hat sich für die Industrie längst bis an der Schmerzgrenze zugespitzt. In einer Krisensitzung in Kiew beklagten Ökonomen, dass die Metallwirtschaft durch den blutigen Konflikt in der Ostukraine still steht. Vor allem auch der chemischen Industrie prophezeit Regierungschef Jazenjuk durch den Energiemangel harte Zeiten. Ohne Export fehlen wichtige Deviseneinnahmen.

    Zudem ist der Großteil der Gruben im Kohlebecken Donbass lahmgelegt. Seit April dauern dort die Kämpfe der Regierungstruppen gegen die prorussischen Separatisten an. Von 95 staatlichen Schächten im Donbass arbeiten nur noch 24. Die Vorräte an Kraftwerkskohle sind auf einen historischen Tiefststand von 1,7 Millionen Tonnen gefallen. Jazenjuk will deshalb verstärkt Kohle aus Südafrika importieren.

    Energieminister Juri Prodan und der ukrainische Versorger Naftogas machten zuletzt deutlich, dass der wirtschaftlich sinnvollste Weg sei, wenn alle im Land einfach Marktpreise zahlen würden. "Das ist ein sehr schwerer Schlag, den die Politik vermeiden will, weil wir im Herbst Wahlen haben", sagt Naftogas-Vizechef Alexander Todijtschuk.

    Schon jetzt klagen viele Bürger vor der vorgezogenen Parlamentswahl am 26. Oktober über steigende Lebenshaltungskosten. Viele Ukrainer richten sich auf kalte Zeiten ein. Einige Regionen diskutieren bereits über längere Winterferien. Und auch Elektroheizungen stehen hoch im Kurs. Die Bürger hoffen, dass daheim die Sicherungen halten./ast/DP/mmb




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