Eine salomonische Entscheidung? - Seite 2
Kommt es dazu – also sowohl der Beibehaltung der Anleihekäufe auf dem aktuellen Niveau als auch der Formulierung bezüglich der Zinsen –, dann könnte die Fed die erste Zinserhöhung weiterhin auf unbestimmte Zeit hinauszögern. Und genau das scheinen die Aktienmärkte mit ihren jüngsten Kursgewinnen an den Aktienbörsen nach der Oktober-Korrektur bereits vorweggenommen haben. Diese Kursgewinne sind in Relation zu den bestenfalls durchwachsenen Aussichten für Konjunktur und Unternehmen (siehe oben) eindeutig zu kräftig ausgefallen.
Das Dilemma der Fed
Es stellt sich allerdings die Frage, ob die Fed die Erwartungen der Anleger erfüllen will und wird. Bislang hat sie sich bezüglich der Konjunktur vergleichsweise optimistisch gegeben. Sie würde also eine recht abrupte Wende vollziehen und in Erklärungsnot kommen, wenn sie ihre bisherige Lockerung nun nicht weiter zurückführt.
Hinsichtlich der ersten Zinserhöhung hat sie zudem ihren zeitlichen Spielraum selbst beschnitten. So lagen die Zinsprojektionen der Fed-Mitglieder für Ende 2015 im September bereits bei 1,375 %. Um aber auf dieses Niveau mit der üblichen Schrittweise von 0,25 Prozentpunkten zu kommen, müsste die Fed bereits im Frühjahr 2015 die erste Zinserhöhung vornehmen. Wenn sie dies tatsächlich so plant, dann müsste sie also im Statement der bevorstehenden Oktober-Sitzung den Passus zur „beträchtlichen Zeitspanne“ fallenlassen. Sonst könnte ihre Glaubwürdigkeit leiden.
Warum nun eine Enttäuschung droht
Den Börsen könnte also eine Enttäuschung drohen, falls die Fed die offensichtlich hochgesteckten Erwartungen der Anleger nicht erfüllt. Und selbst wenn sie das tut, wäre ein Rückschlag möglich – dann nämlich, wenn diejenigen kurzfristigen Trader aussteigen, die auf dieses Ereignis gesetzt haben, aber andere, langfristiger orientierte Anleger (noch) nicht einsteigen, weil sie erst den Ausbruch über die inzwischen fast wieder erreichten neuralgischen Marken (z.B. die 2.000 Punkte im S&P 500) abwarten wollen.
Aber vielleicht findet die Fed ja eine salomonische Lösung für dieses Dilemma. So könnte sie die Anleihekäufe erneut um 10 Mrd. Dollar reduzieren. Dann betrüge der Umfang zwar nur noch vergleichsweise bescheidene 5 Mrd. Dollar, aber das Ende wäre erneut hinausgezögert. Und bezüglich der Zinsen findet die Fed womöglich eine Formulierung, mit der die Märkte ihre Hoffnung bestätigt sehen, aber die den Notenbankern trotzdem alle Optionen offenhält.
Angesichts dieser Spannung und solcher taktischen Finessen brauchen Sie sich mit den schnöden Unternehmens- und Konjunkturdaten vorerst nicht mehr zu befassen – zumindest bis Mittwoch…
Eine spannende Woche wünscht Ihnen
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Ihr Torsten Ewert
(Quelle: www.stockstreet.de)