Der Markt hat immer Recht
Sehr verehrte Leserinnen und Leser,
derzeit spaltet sich die Anlegerschar in zwei Lager. Die einen freuen sich über die Kursgewinne und halten (deshalb) die diversen Krisen inzwischen für bedeutungslos. Die anderen erwarten früher oder später eine überaus kräftige Korrektur oder gar einen Crash – wenn eine dieser Krisen doch noch „unerwartet“ eskaliert.
Eine völlig berechtigte Frage
In solchen Situationen fragt sich der geneigte Anleger gern, wer denn nun Recht hat. „Der Markt hat Recht!“ lautet dann häufig die lapidare, aber unbefriedigende Antwort. Doch was heißt das genau? Und was bedeutet das für den Anleger?
Nehmen wir das Beispiel Griechenland: Es hat schon einen gewissen Unterhaltungswert, wenn die Medien mit einer gewissen Atemlosigkeit über die neuesten Entwicklungen berichten. Und es mutet dann schon etwas bemüht an, wenn die Börsen-Kommentatoren versuchen, kleinste Kursrücksetzer der insgesamt eher unaufgeregten Börsen als „Panikreaktionen“ zu verkaufen.
Völlig zu Recht fragen uns daher einige Leser, ob denn die Börsianer auch dann noch so cool bleiben, wenn Griechenland tatsächlich zahlungsunfähig wird und/oder aus dem Euro ausscheidet. Abgesehen von den Verlusten für die Staatskassen der anderen Euroländer dürfte doch vor allem am Bankensektor eine griechische Pleite kaum ohne Nebenwirkungen vorübergehen. Und dass sei alles wirklich schon eingepreist?
Die „normale“ Logik und die Börsen
Die ehrliche Antwort muss lauten: Vielleicht. Aber ein „Vielleicht“ lässt natürlich auch die Möglichkeit zu, dass Griechenlands Pleite noch nicht in allen Konsequenzen vom Markt berücksichtigt wurde. Das hieße aber nach konventioneller Logik, dass der Markt doch nicht immer Recht hat.
Nur: Die konventionelle Logik funktioniert an der Börse höchst selten. Und in diesem Fall ist dieser Gedankengang zu kompliziert. Also versuchen wir einmal, in die Köpfe der Börsianer zu schauen.
Fakt ist, dass die Börse ausschließlich auf zukünftige Ereignisse schaut und diese bewertet. Sofern ein solches Ereignis absehbar ist, können wir davon ausgehen, dass die Börsianer kurzfristig ihre Meinung dazu kundtun – und zwar in Form der Kursentwicklung. Steigende Kurse bedeuten, dass sie einen „positiven“ Ausgang erwarten, fallende deuten auf „negative“ Erwartungen hin und eine Seitwärtsbewegung signalisiert Unentschlossenheit.