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Chemieindustrie rechnet wegen Ölpreiseinbruch 2015 mit Umsatzrückgang
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemieindustrie rechnet wegen des Einbruchs bei den Ölpreisen mit dem ersten Umsatzschwund seit der schweren Finanz- und Wirtschaftskrise. Der Branchenumsatz dürfte 2015 um 0,5 Prozent sinken, sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Utz Tillmann, am Dienstagabend in Frankfurt. Das wäre der erste Rückgang seit 2009. Anfang Dezember hatte Deutschlands drittgrößter Industriezweig noch ein Umsatzplus von 1,5 Prozent erwartet.
Grund für den Pessimismus ist der starke Wettbewerb. Die Branche dürfte niedrigere Rohstoffkosten rasch und vollständig an die Kunden weitergeben, erwartet Tillmann. Die Chemikalienpreise dürften 2015 deshalb nicht um 0,5 Prozent sinken, sondern um 2,0 Prozent. Bei der Produktion rechnet die Branche im laufenden Jahr allerdings weiter mit einem Anstieg um 1,5 Prozent.
Der Boom der US-Schieferölproduktion hatte ein weltweites Überangebot an Rohöl verursacht. Die Ölpreise sind deswegen seit vergangenem Sommer um über die Hälfte gefallen.
Für die Chemieindustrie sei ein "wechselhaftes Geschäftsjahr" mit einem "enttäuschenden Schlussquartal" zu Ende gegangen, sagte Tillmann. Alle wichtigen Indikatoren zeigten in den letzten drei Monaten des Jahres nach unten: Produktion, Preise, Umsatz und Kapazitätsauslastung gingen zurück. Auch das Geschäft mit ausländischen Kunden enttäuschte. Die Branche ist als Lieferant für die Auto-, Bau- und Konsumgüterindustrie auch ein wichtiger Signalgeber für die Konjunktur.
Viele Kunden hielten sich wegen des Ölpreisverfalls in der Hoffnung auf weiter sinkende Chemikalienpreise mit Bestellungen zurück, sagte Tillmann. Die wirtschaftliche Dynamik bleibe insgesamt niedrig. Die Branche fahre "auf Sicht". Chemieprodukte verbilligten sich im vergangenen Jahr um 1,4 Prozent. Die Chemieindustrie konnte damit nicht wie erhofft von der Ausweitung der Industrieproduktion in Deutschland und Europa profitieren.
Der Branchenumsatz erhöhte sich 2014 insgesamt noch um 1,4 Prozent auf den Rekordwert von 193,2 Milliarden Euro und damit etwas schwächer als bisher geschätzt. Dank starker Zuwächse bei Pharmaprodukten legte die Produktion im vergangenen Jahr um 1,5 Prozent zu. Die Zahl der Beschäftigten wuchs ebenfalls um 1,5 Prozent auf 444 500. Mittlerweile zeichne sich wegen des schwierigen konjunkturellen Umfeldes und des hohen Wettbewerbsdrucks aber ein Ende des Personalaufbaus ab, hieß es.
Unterdessen sind die Fronten in der Tarifrunde für die Beschäftigten der deutschen Chemieindustrie verhärtet. Die Gewerkschaft fordert 4,8 Prozent mehr Geld und verbesserte Arbeitsbedingungen für ältere Beschäftigte. Die Chemie-Arbeitgeber legten bisher kein Angebot vor./jha/mne/das