Die Geissens
Kein Scherz! Roooobäääääärt als Börsenexperte - So werden Sie "Reich mit Geiss"
Joghurt, Teleshopping, Stromportal – nichts ist vor dieser Familie sicher. Spätestens wenn es „Roooobääääärt“ über die Flure schallt, ist klar: Die Geissens sind da. Neuerdings auch auf dem Börsenparkett. Ein Dividendenfonds soll uns „Reich mit Geiss“ machen, doch Vorsicht!
Wollen wir nicht alle ein bisschen so sein wie Robert Geiss? Ein Modelabel für Bodybuilder, luxuriöse Häuser, protzige Autos, noch protzigere Yachten und als Krönung eine eigene Trash-Reality-Serie bei RTL II. Ja, wer will das nicht? Das dachten sich nun auch ganz findige Marketingmenschen und engagierten Robert Geiss als Werbegesicht eines Dividendenfonds. Roooobäääärt musste sich wohl nicht lange bitten lassen, immerhin gibt es so gut wie nichts, wofür die Geissens nicht schon geworben hätten. Wenn es dabei noch um die vermeintliche eigene Erfolgsstory geht, umso besser. Und so lächelt uns Robert Geiss dieser Tage auf Werbeanzeigen in Print und Fernsehen entgegen und verspricht: So werden auch Sie „Reich mit Geiss.“
Ein Werbespot, viele Fragezeichen
Eigentlich schien es ein ganz normaler Tag in der Redaktion von wallstreet:online zu werden. Die Redakteure arbeiten fleißig, im Hintergrund flimmern diverse Nachrichtensender. Doch dann taucht auf einem der Bildschirme plötzlich Robert Geiss auf und erzählt, wie „geil“ er Picasso finde. Immerhin hätte es kein anderer geschafft, so ein bisschen Öl für so viel Geld zu verkaufen. Haha! Und noch während sich in unseren Köpfen die ersten Fragezeichen formen, endet der Spot mit einem noch viel größeren Fragezeichen: Was um Himmels willen soll denn „Reich mit Geiss“ sein?
Ob wir wollen oder nicht, unser Interesse ist geweckt – und schon wird eifrig diskutiert: „Wer kommt denn bitte auf die Idee, in einen von Rooooobäääärt beworbenen Fonds zu investieren?“, fragen wir uns ungläubig. „Naja, das ist schon ein guter Unternehmer. Der weiß auf jeden Fall, wie man Geld macht“, meint ein Kollege aus der Community. Schnell steht fest: Wir müssen der Sache auf den Grund gehen.
Ein Dividendenfonds, der nicht wirklich überzeugt
Hinter dem „Reich mit Geiss“-Anlageprogramm steckt der „Dividendenfonds Patriarch Classic Dividende 4 Plus“. Das Engagement dieses Fonds beschränkt sich fast ausschließlich auf Deutschland, genauer gesagt auf solche Aktien, die regelmäßig Dividenden ausschütten. Zum Portfolio gehören beispielsweise Daimler, Allianz, Deutsche Telekom und ProSiebenSat1. „Nicht besonders originell, aber auch nicht gefährlich“, lautet das Fazit der „WirtschaftsWoche“.
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Vor allem aber nicht wirklich erfolgreich. Denn der von Geiss beworbene Dividendenfonds performt deutlich schlechter als viele Konkurrenten. Laut Stiftung Warentest liegt die jährliche Wertentwicklung der Besten auf diesem Gebiet 10 Prozentpunkte höher als beim „Dividendenfonds Patriarch Classic Dividende 4 Plus“ mit 19,2 Prozent zum 31. Januar 2015.
Urteil: Zu teuer!
Entsprechend fällt das Urteil der Stiftung Warentest, naja, bescheiden aus. Wie die „WiWo“ berichtet, hält sie den Fonds für „nicht empfehlenswert“. Der Grund: „zu teuer“. Die laufenden Kosten von 2,15 Prozent im Jahr lägen im oberen Bereich. Es gebe genügend Alternativen, die besser sind, so Roland Aulitzky, Finanzexperte der Stiftung Warentest. Doch es gibt noch weitere Gründe, die gegen den Geissen-Fonds sprechen.
Da wäre zum Einen die erhobene „Performance Fee“, eine Erfolgsgebühr, die besagt, dass die Fondsgesellschaft zehn Prozent eines jährlichen Wertezuwachs von mehr als fünf Prozent einbehalten werde. Auch dann, wenn der Fonds im Jahr davor noch Verluste hinnehmen musste. In Deutschland ist eine solche Gebühr längst unzulässig. Doch praktischerweise ist der Dividendenfonds nicht hier, sondern in Luxemburg beheimatet.
Strippenzieher mit „zweifelhaften Methoden“
Darüber hinaus könnte die „Reich mit Geiss“-Sache für manche ein „Geschmäckle“ bekommen, wenn man weiß, wer sich hinter all dem verbirgt. Sowohl die Homepage „reichmitgeiss.de“ als auch die Fondsgesellschaft Patriarch führen letztlich zu Bernd Förtsch – ein „bekanntes, nicht unumstrittenes Gesicht aus der Finanzszene“, schreibt „WiWo“. Und das aus gutem Grund.
In einem Bericht aus dem Jahr 2013 thematisierte die „WirtschaftsWoche“ die „oftmals zweifelhaften Methoden“ Förtschs, mit denen er „ein großes Beteiligungsimperium“ aufgebaut habe. Dabei geht es vor allem um seine Doppelrolle als Medienunternehmer und gleichzeitiger Fondsmanager. Förtsch ist unter anderem Herausgeber des Magazins „Der Aktionär“, seit Dezember Mehrheitseigner von „The European“ und auch das Deutsche Anlegerfernsehen DAF, welches kürzlich Insolvenz anmelden musste, gehört zum Förtsch-Imperium. Laut „WiWo“ kam es zu „vielen Synergien innerhalb des Imperiums“, Anzeigen wurden geschaltet, teure Telefonhotlines aufgelegt und kräftig die Werbetrommel für bestimmte Aktien gerührt. „Immer wieder fiel es an der Börse negativ auf, dass Förtsch-Fonds oder Leute aus seinem Umfeld sich mit später beworbenen Aktien eingedeckt haben.
Gegen Förtsch wurde zwar ermittelt (siehe:Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Verleger Bernd Förtsch), juristisch belangt wurde er aber nie. Sein direktes Umfeld dafür umso mehr. Im Bericht werden diverse ehemalige Mitarbeiter aufgelistet, darunter auch ein früherer Vize-Chefredakteur des „Aktionär“ und prominente Namen wie Markus Frick, die allesamt wegen Marktmanipulation verurteilt wurden (wallstreet:online berichtete).
Doch all das erfährt man auf der Homepage natürlich nicht. Stattdessen lächelt uns Robert Geiss mit strahlend weißem Hemd, noch viel weißeren Zähnen an und streckt den Daumen nach oben. Er möchte uns damit wohl ermuntern, neben dem Fonds gleich noch das dazugehörige „Anlagemagazin“ zu abonnieren. Entweder für 99,00 Euro im Jahr oder 8,25 Euro monatlich, bei einer Mindestlaufzeit von 15 Monaten.
Bleibt die Frage, wer hier tatsächlich „Reich mit Geiss“ wird….
Aber schauen Sie doch selbst: